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Veröffentlicht 17. April 2015 von Susanne Dambeck

Einstein: Eine kleine Reise durch die Raumzeit

Zum 60. Todestag von Albert Einstein: Die Auswirkungen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie.

Der Ansatz war revolutionär: Die Newtonsche Physik wurde aus den Angeln gehoben, Raum und Zeit waren keine festen Größen mehr, die Gravitation keine Kraft, sondern eine Eigenschaft der „gekrümmten Raumzeit“.

Albert Einstein 1921 bei einem Vortrag in Wien: Er war auf der Höhe seines kreativen Schaffens. Der Nobelpreis des Jahres 1921 wurde erst 1922 verliehen - er ging an Einstein. Foto: Ferdindand Schmutzer, public domain
Albert Einstein 1921 bei einem Vortrag in Wien: Er war auf der Höhe seines kreativen Schaffens. Der Physik-Nobelpreis des Jahres 1921 wurde erst 1922 verliehen – er ging an Einstein. Foto: Ferdinand Schmutzer, public domain

Aber wie kann man sich dieses gewaltige Gedankengebäude praktisch vorstellen, das Einstein sich in seiner Berliner Studierstube abgerungen hatte? Dies fragten sich seine Zeitgenossen damals auch, außerhalb von Fachkreisen wurden Einsteins Thesen kaum verstanden. Aber das änderte sich schlagartig im Mai 1919. Während einer totalen Sonnenfinsternis wurden Sternpositionen nahe der verdeckten Sonne fotografiert und siehe da: Das Licht der Sterne wurde durch die Gravitation der Sonne abgelenkt, es entstand eine sogenannte Gravitationslinse. Damit war Einsteins Theorie empirisch bewiesen, Newtons Lichttheorie widerlegt – und Einstein quasi über Nacht ein berühmter Mann. Der Nobelpreis war nur noch eine Frage der Zeit, er folgte 1922.

Foto der Sonnenfinsternis am 29. Mai 1919 auf der Insel Principe vor Westafrika. Sir Arthur Eddington leitete die Expedition, die sich vorgenommen hatte, Einsteins Theorie zu überprüfen. Foto: F.W. Dyson, A.S. Eddington, C. Davidson, public domain
Foto der Sonnenfinsternis am 29. Mai 1919 auf der Insel Principe vor Westafrika. Sir Arthur Eddington leitete die Expedition, die sich vorgenommen hatte, Einsteins Theorie zu überprüfen. Foto: F.W. Dyson, A.S. Eddington, C. Davidson, public domain

Also kann der Raum durch große Massen gekrümmt werden. Aber wie sieht das mit der Zeit aus? Wie lässt sich diese beschleunigen oder verlangsamen, also dehnen oder stauchen? Ein schwer vorstellbares Konstrukt. Vor zehn Jahren machte ein Hobbyforscher ein verblüffend einfaches Experiment: Er packte seine drei besten Cäsium-Atomuhren ein und fuhr mit seinen Kindern von Seattle aus in die Berge. Sie blieben dort ein paar Tage, und nach ihrer Rückkehr stellten sie fest, dass die Uhren in den Bergen ein paar Nanosekunden schneller gelaufen waren als die Uhren daheim, weil die Gravitation der Erde in den Bergen etwas geringer war.

„Was sind schon ein paar Nanosekunden?“, werden sich jetzt einige fragen. Wahrscheinlich haben dieselben Personen ein Navigationsgerät in ihrem Auto. Dieses wiederum verlässt sich auf die Positionsangaben der amerikanischen GPS-Satelliten, und bei deren Bau mussten diese „paar Nanosekunden“ berücksichtigt werden, damit nicht jeder Nutzer in die Irre geleitet wird. Die Satelliten haben eingebaute Uhren, die aber in 20.000 Kilometer Höhe schneller laufen als die Uhren auf der Erde. Gleichzeitig bewirkt ihr schneller Flug durchs Weltall, dass die GPS-Uhren langsamer laufen. (Einsteins berühmtes Zwillings-Paradox besagt, dass ein Zwilling auf Weltraumreise wohl langsamer altern wird als der passende Zwilling auf der Erde.) Bei den Satelliten überwiegt der Gravitationseffekt, deshalb werden die GPS-Uhren langsamer laufend programmiert als die Uhren für die Erdoberfläche.

Mileva Einstein mit den gemeinsamen Söhnen Hals Albert (rechts) und Eduard. Sie bekam zwar das Nobelpreisgeld in der Scheidung zugesprochen, verbrauchte es aber für die Pflege des Jüngsten, der schwer an Schizophrenie erkankte. Foto:
Mileva Einstein mit den gemeinsamen Söhnen Hans Albert (rechts) und Eduard im Jahr 1914. Sie bekam zwar das Nobelpreisgeld bei der Scheidung zugesprochen, verbrauchte es aber für die Pflege des Jüngsten, der schwer an Schizophrenie erkankte. Der Ältere wurde später Professor für Hydraulik in Berkeley, Kalifornien. Fotograf: unbekannt, public domain

Das Schicksalsjahr 1919 mit seiner Sonnenfinsternis bedeutete nicht nur den wissenschaftlichen Durchbruch für Einstein, sondern auch einen privaten Umbruch. Mit seiner wachsenden Bekanntheit konnte er sich nun von seiner ersten Frau Mileva scheiden lassen, vorher war die Scheidung unter anderem an finanziellen Fragen gescheitert. Mileva und die beiden Söhne lebten in der Schweiz, und wegen des ungünstigen Wechselkurses überwies Einstein einen Großteil seines Berliner Professorengehalts an die Familie. Im Scheidungsprotokoll wurde ihr unter anderem das Nobelpreisgeld zugesprochen, umgerechnet 180.000 Schweizer Franken – historisch ein einmaliger Vorgang, denn Einstein hatte die begehrte Auszeichnung noch gar nicht erhalten!

Mileva Marić stammte aus der Vojvodina, heute Serbien, damals Österreich-Ungarn, und war eine der ersten Frauen, die in der Schweiz Mathematik und Physik studierten. Dort lernte sie Albert kennen, die beiden heirateten 1903 – da war die gemeinsame Tochter schon ungefähr ein Jahr alt. Weil aber ein uneheliches Kind damals noch ein Skandal war und dem beschäftigungslosen Einstein die Stellensuche fast unmöglich gemacht hätte, ließ Mileva das Mädchen bei ihren Eltern zurück. Das Schicksal des Mädchens ist unklar, es starb entweder früh oder wurde adoptiert. Während ihrer Abschlussprüfungen war Mileva bereits schwanger: Sie fiel durch. Der Verlust ihrer Tochter, ihrer Karriere und schließlich ihrer Ehe traf sie schwer.

Einstein mit seiner zweiten Frau, seiner Kusine Elsa Löwenthal. Sie verstand nach eigenem Bekunden nichts von Physik und himmelte ihn an. Sie war sehr erleichtert über die späte Hochzeit, weil die Heiratsausschichten ihrer Töchter aus erster Ehe unter dem nicht-ehelichen Zusammenwohnen litten. Fotograf: unbekannt, public domain
Einstein mit seiner zweiten Frau, seiner Kusine Elsa Löwenthal, während einer Schiffsreise. Sie hatte Albert zur Hochzeit gedrängt, unter anderem weil die Heiratsaussichten ihrer Töchter aus erster Ehe unter ihrem nicht-ehelichen Zusammenleben litten. Fotograf: unbekannt, public domain

Die feierliche Vergabe des Physiknobelpreises Ende 1922 fand ohne Einstein statt, weil er auf einer Schiffsreise nach Japan war. An seiner Stelle nahm der deutsche Botschafter den Preis entgegen, obwohl Einstein seit 1901 Schweizer Staatsbürger war – er hatte seine württembergische und damit deutsche Staatsbürgerschaft als Jugendlicher abgegeben, um keinen Militärdienst leisten zu müssen (in seiner Berliner Zeit von 1914 bis 1933 galt er zusätzlich als preußischer Staatsbürger).

Der größte Physiker des 20. Jahrhunderts, erklärter Pazifist und gleichzeitig Mitinitiator der amerikanischen Atombombe, starb vor sechzig Jahren am 18. April 1955 in Princeton, New Jersey.

Einstein im Jahr 1947, acht Jahre vor seinem Tod. Sein exzessiver Arbeitsstil hatte schon früh gesundheitliche Spuren hinterlassen, unter anderem hartnäckige Magengeschwüre. Seine Frau Elsa war schon 1937 verstorben, ebenso seine Stieftochter Ilse. Foto: Oren Jack Turner, Princeton, N.J.
Einstein im Jahr 1947 im Alter von 68, acht Jahre vor seinem Tod. Sein exzessiver Arbeitsstil hatte schon früh gesundheitliche Spuren hinterlassen, unter anderem hartnäckige Magengeschwüre. Seine Frau Elsa war 1937 gestorben, kurz zuvor seine Stieftochter Ilse. Die zweite Stieftochter Margot pflegte ihn bis zu seinem Tod. Foto: Oren Jack Turner, Princeton, N.J.

Susanne Dambeck

Susanne Dambeck is a science writer in English and German, and author of several nonfiction childrens' books. A political scientist by training, she has worked in politics, television and as a biographer. Apart from scientific findings, she is interested in people and in storytelling in different languages.