Beutler bekam seinen Preis für den Durchbruch bei der Erforschung des angeborenen Immunsystems, genauer: für die Erforschung der so genannten Toll-like Rezeptoren. Er entdeckte, dass ein bestimmter Rezeptor, nämlich TLR4, auf der molekularen Ebene für die Entdeckung von Bakterien im Körper verantwortlich ist. Mäuse ohne funktionierenden TLR4 hatten gegen bakterielle Infektionen keine Chance. Beutler ist zwar ein ausgebildeter Arzt, aber im Grunde immer ein Forscher gewesen. Schon als Jugendlicher hatte er im Labor seines Vaters gearbeitet: Ernest Beutler war ein angesehener Hämatologe, einer der Pioniere seines Fachs. 1935 hatten seine Eltern mit ihm Nazi-Deutschland den Rücken gekehrt. Der junge Bruce war ebenso begabt wie sein Vater: Mit 16 schloss er die Schule ab, mit 18 beendete er das College, anschließend studierte er Medizin in Chicago, genau wie sein Vater. Aber ihn zog es einfach stärker ins Labor als ans Krankenbett.
Jules Hoffmann, ein französischer Biologe belgischer Herkunft, erhielt den Medizin-Nobelpreis 2011 zusammen mit Bruce Beutler: Er hatte die Rolle der Toll-Gene für das angeborene Immunsystem von Fruchtfliegen beschrieben. Es gab in diesem Jahr noch einen dritten Preisträger, Ralph M. Steinman, der den Begriff „dendritische Zellen“ in den 1970er Jahren geprägt hatte. Steinman starb leider drei Tage vor der Bekanntgabe an Krebs. Da das Nobelkomitee über seinen Tod nicht informiert war, darf er weiter als Nobelpreisträger gelten; ansonsten wird der Preis nicht posthum verliehen. Hoffmann befasste sich in seiner Forschung hauptsächlich mit der Fruchtfliege drosophila melanogaster. Er hatte in Straßburg studiert, wo er heute Direktor des Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS) ist.
Heute weiß man, dass Toll-Gene oder Toll-like Rezeptoren sowohl in Säugetieren als auch in Insekten und sogar Pflanzen vorkommen. Bei Fruchtfliegen spielen sie eine wichtige Rolle in der Embryonalentwicklung, aber auch für die Immunabwehr. Zehn verschiedene TLRs sind beim Menschen bekannt, bei Mäusen weitere drei. Da sie unter anderem in dendritischen Zellen vorkommen, bilden sie eine wichtige Verbindung zwischen dem angeborenen und dem erworbenen Immunsystem. Die Arzneimittelforschung hat sich dieser Rezeptoren ebenfalls angenommen. Bislang sind beispielsweise Medikamente gegen Autoimmunerkrankungen wie die rheumatoide Arthritis entwickelt worden. Zurzeit arbeiten Labore weltweit an Medikamenten, die in der Lage sein sollen, die Immunantwort des Körpers auf bakterielle oder virale Erreger stärker zu steuern. Bruce Beutler und Jules Hoffmann werden beide in Lindau Vorträge halten. Videos dieser Vorträge werden am Abend des jeweiligen Vortrags veröffentlicht.