Veröffentlicht 15. Mai 2015 von Susanne Dambeck
Das Ozonloch könnte sich schließen
Das Ozonloch hat sich stabilisiert, dank beispielhafter internationaler Anstrengungen zum Schutz der Stratosphäre.
Bis 2050 rechnen die 300 unterzeichnenden Forscher des aktuellen UN-Berichts sogar mit einer Erholung der Ozonschicht auf den Stand von 1980. In den 1980er Jahren war das Ozonloch eines der wichtigsten Aufregerthemen, neben dem sauren Regen, dem Waldsterben und der Bedrohung durch die Kernwaffen der Machtblöcke. War das alles also nur halb so schlimm?
Ganz so einfach ist es nicht. Zunächst bleibt festzuhalten, dass die beiden winterlichen Ozonlöcher über den Polen nicht verschwunden sind, sie haben sich nur in ihrer größten Ausdehnung stabilisiert. Ein noch weiteres Anwachsen konnte durch ein konsequentes Verbot von Fluorchlorkohlenwasserstoffen, kurz FCKW, und weiteren Chemikalien im Montrealer Protokoll von 1987 gestoppt werden. Da die Ozonschicht sich bekanntlich nur langsam erholt, das Verbot aber weiter wirkt, können die Forscher nun eine zukünftige Erholung vorhersagen – bislang also nur ein prognostizierter Trend.
Das Montrealer Protokoll gilt als eine der „erfolgreichsten internationalen Umweltanstrengungen“, so Achim Steiner, Exekutivdirektor des UN-Umweltprogramms und UN-Untergeneralsekretär. Doch er warnt auch: Die Ersatzstoffe, die statt FCKW verwendet werden, schaden zwar der Ozonschicht weniger, dafür gelten manche von ihnen als Treibhausgase. Wie viele andere Experten zieht auch Steiner eine Verbindung zwischen dem Ozonloch-Protokoll und den Klima-Protokollen: ähnliche Anstrengungen seien nun auch beim Klimaschutz nötig. Dabei ist die Problematik beim Klimawandel wesentlich komplexer als beim Ozonloch, und die internationalen Verhandlungen gestalten sich ungleich schwieriger.
Die Ozonmoleküle in der unteren Stratosphäre, also ungefähr 15 bis 25 km über der Erdoberfläche, schützen das Leben auf der Erde vor den energiereichen UV-Strahlen der Sonne. Ungefiltert können diese beim Menschen vermehrt Hautkrebs auslösen. Für die genaue Beschreibung, wie die Chloratome der FCKW das Ozon in der Stratosphäre zerstören, erhielt der niederländische Atmosphärenforscher Paul Crutzen den Chemie-Nobelpreis, zusammen mit seinen Kollegen Mario Molina und Frank Sherwood Rowland. Darüber hinaus prägte Crutzen den Begriff „Anthropozän“ als Umschreibung für die letzten hundert Jahre: Das Erdzeitalter, in dem der Mensch seine Umwelt entscheidend verändert hat. Crutzen war acht Mal bei den Lindauer Nobelpreisträgertagungen, hier sein Vortrag von 2012.
Australien hat die höchste Hautkrebsrate der Welt, sie ist viermal so hoch wie diejenige der USA – eine direkte Wirkung des Ozonlochs, denn das Loch im Schutzschild über der Antarktis wirkt bis nach Australien und Neuseeland. Jährlich sterben über tausend Australier an Melanomen, einem besonders bösartigen Hautkrebs. Deshalb hat sich die Regierung in Canberra von Anfang an entschieden für das Montrealer Protokoll eingesetzt. Laut Hochrechnungen der Ozonforscher hat dieses Protokoll immerhin weltweit zwei Millionen Hautkrebsfälle pro Jahr verhindert. Weil sich aber die Ozonlöcher nur langsam schließen, und sich manche Hautkrebsarten ebenfalls nur langsam entwickeln, ist es hier zu früh, bereits von „Entwarnung“ zu sprechen.
Auch für die Ozonschicht gibt es weitere Bedrohungen: Distickstoffmonoxid, bekannt als Lachgas, ist nicht Teil des Montrealer Protokolls und schädigt ebenfalls die Ozonschicht. Seine Konzentration steigt beständig, eine wichtige Quelle ist die Landwirtschaft. Auf diese Thematik verweist auch der aktuelle UN-Bericht. Ein weiteres Beispiel: Forscher der Universität Leeds in Großbritannien fanden heraus, dass die Produktion und Freisetzung sehr kurzlebiger Verbindungen, genannt VSLS nach „very short-lived substances” in den letzten Jahren rapide zugenommen hat – sie entstehen unter anderem bei der Herstellung von FCKW-Ersatzstoffen. Und diese VSLS wiederum können die untere Ozonschicht angreifen und damit eine Erholung verlangsamen. Forscher wie Umweltschützer müssen also wachsam bleiben.
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