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Published 10 February 2015 by Stephanie Hanel

Open Access und kein Ende

Randy Schekmans Rolle als Open Access Befürworter und Verlags-Boykotteur

Im Grunde genommen bedeutet Open Access nichts anderes als freien Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Open-Access-Bewegung hatte sich Anfang der 90er Jahre formiert – und war das Ergebnis aus technischer Machbarkeit, schrumpfenden Etats der Universitätsbibliotheken und der Forderung nach egalitärem Zugang zu Wissen, das erst durch öffentliche Förderung generiert werden konnte und demnach allen zugänglich sein sollte.

Randy Schekman ist ein streitbarer Geist und machte schon vor dem Erhalt des Medizin-Nobelpreis 2013 von sich – oder besser gesagt von seiner Sache – reden: Open Access und „seine“ Plattform eLife. Im Sommer 2011 verkündete das Howard Hughes Medical Institut (HHMI), dass Randy Schekman Chefredakteur eines neuen Journals werde, einem Gemeinschaftsprojekt von HHMI, der Max Planck Gesellschaft und des Wellcome Trust. Prof. Schekman erklärte die Notwendigkeit dieses Großprojekts so: „It is my strong feeling that there is a need for a scientific journal at the very high end that is run by active practising scientists embedded in an academic environment“.  2012 ging „eLife“ an den Start, laut Medienberichten mit einem Grundkapital von 15 Millionen US-Dollar. Soweit so gut.

Randy Schekman at Lindau in 2014. Photo: C.Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings
Randy Schekman 2014 in Lindau. Photo: C.Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings

Ende 2013 ging Schekman einen Schritt weiter und veröffentlichte im Guardian einen viel beachteten Artikel, der als Kampfansage an die klassischen Wissenschaftsverlage verstanden werden konnte: „How journals like Nature, Cell and Science are damaging science“. Darin vertritt Schekman die These, dass die großen Publisher die Artikelanzahl künstlich klein hielten und Artikel nach den Gesichtspunkten des Prestiges und nicht nach der inhaltlichen Relevanz der wissenschaftlichen Erkenntnisse auswählen würden. Und er legte noch eins obendrauf, indem er anmahnte, dass die bisherige wissenschaftliche Publikationspraxis als Folge unwissenschaftliches Arbeiten nach sich zöge.

Kritiker warfen ihm daraufhin Scheinheiligkeit vor, da er kritisierte, was er selbst auf dem Weg zum Nobelpreis nutzte. Dem widersprach Schekman vehement: Er hätte nicht vergessen, dass er selbst in Nature, Cells und Science publiziert habe. Aber jetzt, wo er es sich leisten könne, fühle er sich auch verpflichtet auszusprechen, was viele denken, aber aus Angst um ihre Karriere eben nicht äußern könnten. Und Schekman ist ein Mann der Tat: Nicht nur versucht er mit eLife seine Ideale umzusetzen, sondern er verkündete auch, dass sein Labor nicht mehr bei den genannten Journals publizieren würde.

Bibliothek Stuttgart. Photo: marcelwidmann (CC BY-NC-ND 2.0)
Bibliothek Stuttgart. Photo: marcelwidmann (CC BY-NC-ND 2.0)

Diese Position ist insofern problematisch, als Schekman letztlich mit eLife Teil des Systems geworden ist, indem er einen Mitbewerber auf dem auch unter Open Access heiß umkämpften Publikationsmarkt etabliert hat. Die großen Verlage haben das längst erkannt und bieten entsprechende Publikation an. Zahlen muss schließlich immer jemand. Im Falle von eLife sind es die genannten Organisationen. Ansonsten ist es oft wieder die öffentliche Hand – bei “Gold Open Access” etwa wird für das Publizieren gezahlt, nicht für das Lesen. Damit ist die wissenschaftliche Erkenntnis zwar immerhin frei zugänglich, die Forscher aber müssen die Publikationskosten gleich mit in das Forschungsbudget einbauen.

Die Gates Foundation ging Ende letzten Jahres noch einen Schritt weiter und koppelte ihre zukünftige Forschungsförderung an die Bedingung zur Publikation unter “creative commons” Lizenz – also der Erlaubnis zur kostenfreien Wiederverwendung. Das war das bisher stärkste Bekenntnis zu Open Access weltweit. Aus der Logik der Stifter heraus betrachtet, ist das nur konsequent: Sie wollen Forschung „Zum Wohle der Menschheit“ – also schnelle und umfassende Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Auch hier zog die Verlagswelt nach und Ende Januar dieses Jahres verkündete die Nature Publishing Group , dass ihre Open Access Journale zur creative commons Lizenz wechseln. Es bleibt spannend!

Stephanie Hanel

Stephanie Hanel is a journalist and author. Her enthusiasm for the people behind science grew out of her work as an online editor for AcademiaNet, an international portal that publishes profiles of excellent female scientists. She is an interested observer of new communication channels and narrative forms as well as a dedicated social media user and science slam fan.