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Veröffentlicht 30. Juni 2010 von

Ein Loblied auf den Tod

Na gut, auf den programmierten Zelltod. Für die Entdeckung des Mechanismus gab es 2002 den Nobelpreis für Sydney Brenner, John E. Sulston und H. Robert Horvitz. Und letzterer erzählte in Lindau auch über seine Arbeit.

“Science does not end”

Damit stieg Horvitz in seine Vorlesung ein. Denn wissenschaftliche Erkenntnisse lösen nie alle Fragen. Im Gegenteil: Gute Wissenschaft wirft neue Fragen auf. Und die Lösungen auf diese Fragen werfen wieder neue Fragen auf und so weiter. Und auch zum programmierten Zelltod sind noch nicht alle Fragen geklärt. Vor allem nicht wie man das Wissen um diesen Mechanismus ausnutzen kann. Denn er sorgt nicht nur für Immunantworten und sorgt für das entstehen von so nützlichen Dingen wie Fingern sondern spielt auch eine wichtige Rolle bei vielen Krankheiten.

Denn, wenn der Mechanismus außer Kontrolle gerät und zu viele Zellen sich in den Freitod stürzen, führt das zu so Widerlichkeiten wie Alzheimer, Parkinson und noch einigen anderen. Wählen auf der anderen Seite zu wenige Zellen den letzten Ausweg, gibt es ein Problem mit der Überbevölkerung. Die Folgen sind unter anderem Krebs und auch Autoimmunkrankheiten bei denen der Körper gegen sich selbst vorgeht. Es wäre also wünschenswert, wenn dieser Mechanismus funktioniert wie er eigentlich sollte.

Erforscht wurde der programmierte Zelltod dabei an den knuffigen Fadenwürmern Caenorhabditis elegans, kurz C. elegans, die mittlerweile in vielen Laboren auf der ganzen Welt zu kleinen (bei gut einem Millimeter Länge also wirklich kleine) Stars geworden sind. Diese Tierchen haben den Vorteil, dass sie nicht nur schön unter Mikroskopen zu durchleuchten sind sondern auch, dass sie ein Phänomen namens Eutelie, oder auch Zellkonstanz, zeigen. Sprich jedes erwachsene Tier besteht aus einer fest definierten Zahl von Zellen. Bei C. elegans sind dies genau 1190 Zellen die angelegt werden. Von diesen sterben jedoch 131 den programmierten Tod so das am Ende 959 Zellen übrig bleiben.  

An diesen hat man dann verschiedene Gene gefunden die diesen Mechanismus auslösen. Mutante Würmer denen das CED-3-Gen verlieren die Zellen nicht. Das gleiche gilt für das Gen CED-4. Beide Gene sind also dafür verantwortlich, dass der programmierte Zelltod durchgeführt wird. Die Gen-Familie der Caspasen, zu denen auch diese beiden Gene gehören, sind dabei in sämtlichen Tieren zu finden und führen dort zum programmierten Zelltod.

Und auch ein Gen was diesen Zelltod verhindert konnte gefunden werden: CED-9. Dieses ist verwandt mit dem Gen BCL-2 was dafür sorgt, dass Krebszellen sich so munter vermehren. Und dieses BCL-2 kann man auch als Ersatz für CED-9 nutzen um den Zelltod in dem Würmchen zu verhindern. Beide Gene hindern CED-4 und CED-3 dabei ihr Werk zu verrichten.Und weil das noch nicht genug kryptische Gen-Namen waren haben sie gleich noch eins gefunden: EGL-1. Dieses sorgt seinerseits dafür, dass CED-9 nicht arbeiten kann. Und weil CED-9 nicht arbeiten kann können CED-4 und CED-3 den Tod einleiten. 

 

Falls ihr damit jetzt etwas überfordert seid: Keine Angst, vielleicht hilft euch die Skizze oben dabei den Ablauf zu verstehen. Wenn man diese ganzen Gene kennt kann man das Wissen darum natürlich nutzen: Zu therapeutischen Zwecken um Medikamente zu entwickeln.