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Veröffentlicht 29. Juni 2010 von

Genie und Wahnsinn?

Luc Montagnier bekam 2008, zusammen mit Françoise Barré-Sinoussi den Nobelpreis für die Entdeckung des HI-Virus. Doch darum sollte es bei seinem Vortrag in Lindau weniger gehen. Sondern um die These, dass DNA, in der passenden Verdünnung in Wasser, Nanostrukturen ausbildet und diese sich durch elektromagnetische Wellen anregen lassen und die ihrerseits spezifische Wellen absondern. Für den einen ist das eine andere Form von Homöopathie. Für die anderen das next big thing. Um zu beurteilen ob das wirklich so funktioniert, fehlen mir persönlich zwei ganz elementare Dinge: Das nötige Hintergrundwissen zum einen und zum anderen die Daten, die sie dort vorstellen. Denn seien wir mal ehrlich: Dinge auf ein paar Slides gut aussehen lassen, kann man eigentlich immer. Inwieweit diese Dinge also haltbar sind? Ich weiss es nicht. Aber Montagnier wäre auch nicht der erste Nobelpreisträger, der nach seiner Ehrung ein wenig die Bodenhaftung verlieren könnte.

Da wäre zum Beispiel Linus Pauling der 1954 seinen ersten Nobelpreis, in der Disziplin Chemie, für seine Erforschung von chemischen Bindungen bekam, die zum Hybridisierungskonzept führten. Danach bekam er 1962 den Friedensnobelpreis für seinen Einsatz gegen Atomwaffentests. Doch seine Arbeiten danach wurden vor allem für die Kontroversen, die er damit auslöste bekannt. Ab 1966 behauptete er, dass große Mengen Vitamin C nicht nur vor Erkältungen, sondern auch vor Krebs schützen können und nahm deshalb selbst täglich riesige Dosen Vitamin C. Pauling begründete damit die orthomolekulare Medizin deren Funktion bis heute nicht nachgewiesen werden konnte und damit wohl in den Bereich der Pseudowissenschaften fällt.

Ein anderer, bekannter, Fall ist Kary Mullis. Der Biologe wurde im Jahr 1993 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet, weil er die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) erfunden bzw. wiederentdeckt hat. Diese Technik ist heutzutage in so ziemlich jedem Labor, das auch nur entfernt mit Biologie zu tun hat in Verwendung um DNA zu amplizifieren. Darüber hinaus ist Mullis vor allem für andere Dinge berühmt-berüchtigt: Er ist der Überzeugung, dass HIV überhaupt nichts mit AIDS zu tun hat. Er glaubt nicht, dass der Klimawandel mit auf menschlichen Einfluss zurückzuführen ist und lehnt es auch ab, dass FCKW mit zum Ozonloch beigetragen hat. Oh, und außerdem spricht er sich für Astrologie aus. Außerdem ist er der Überzeugung, dass er die PCR niemals gefunden hätte, wenn er nicht mit LSD experimentiert hätte. Aber es gibt sicherlich noch andere Preisträger, die sich gen Ende ihrer Karriere mehr von etablierten Pfaden abgewandt haben. Falls euch noch wer einfällt, freue ich mich über einen Hinweis in den Kommentaren.

Ist das nun sonderlich überraschend? Nun, das Sprichwort heisst “Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander”. Und ich vermute mal, dass es viele Nobelpreisträger gibt, die verschrien waren, weil sie abseits von etablierten Pfaden wanderten. Am Ende wurden sie dafür belohnt. Doch nicht immer kann man abseits der Pfade auch etwas Großes finden. Was das für die Theorie von Montagnier heisst, dass wird wohl nur die Zukunft zeigen.