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Veröffentlicht 7. Juli 2010 von

Das Leben als Wissenschaftler – Vier Laureaten berichten

In Lindau geht es nicht unbedingt um die neuesten, wissenschaftlichen Entdeckungen. Sondern es geht vor allem darum zu sehen, wie andere Leute arbeiten, was und wie andere Menschen denken und natürlich wollen die Jungen von den alten Heroen lernen. Lehrreiche Einblicke gab dabei nicht zuletzt das Panel “On being a scientist”. Dabei stellten sich Françoise Barré-Sinoussi, Oliver Smithies, John Mathers und Sir Harold Kroto den neugierigen Fragen aus dem Publikum.

Insgesamt war für mich diese Fragen- und Antwortenrunde eines der Highlights der Woche. Wie sehr müsse man sich etwa anstrengen, um ein guter Wissenschaftler zu sein? Dies beantwortete Oliver Smithies sehr schön (und im Endeffekt damit in die gleiche Richtung wie das Robert Horvitz im Interview schon getan hat): Als Wissenschaftler solle man nicht hart arbeiten, sondern intensiv spielen. Die Dinge, an denen man forscht sollten für einen weniger als Arbeit verstanden werden, sondern vor allem Spaß machen. Smithies schwärmte in diesem Zusammenhang von seinen “Samstagmorgen-Experimenten”, bei denen er seinem Spieltrieb nachgab und beispielsweise gezielt die Mengen einzelner Substanzen nicht abwog, sondern einfach rumprobierte, ohne zu wissen, was passieren wird.

Oliver Smithies, Nobelpreisträger für Medizin 1997, während des Panels in Lindau

Eine weitere Frage war, wie man eine gute Präsentation hält, denn nicht jeder ist ein geborener Redner. Hier waren die Meinungen durchaus kontrovers. Während Smithies sich dafür aussprach Powerpoint ganz zu verbieten und stattdessen die Präsentationen -wie bei ihm- an einem Whiteboard zu halten, zeigte sich Harold Kroto als großer Verfechter moderner Präsentationstechnik. Ich würde sagen, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte: Powerpoint verleitet dazu, dass man seine Slides überlädt mit Informationen. Oder man verfällt ins Gegenteil und macht seine Bullet-Points zu simpel beziehungsweise führt am Ende womöglich keine Inhalte sondern mehr oder weniger nur noch die Animationsfunktionen von Powerpoint & Co vor.  Andererseits können Präsentations-Programme dabei helfen, Informationen verständlicher zu machen und an den Mann zu bringen. Und, wie Kroto richtig feststellte: Die Hörer von Vorlesungen sollten nicht einschlafen, genauso wenig wie derjenige, der die Vorlesung hält.

Schließlich kam die Frage auf, wie man Wissenschaft und Familie unter einen Hut kriegen kann: Für Smithies ist seine Familie zentraler Bestandteil seines Lebens und auch der Wissenschaft. Allerdings leiden Experimental-Wissenschaftler darunter, dass sie auch am Wochenende arbeiten müssen, um überhaupt effizient zu sein. Denn wenn sie nur 5 Tage die Woche arbeiteten, blieben effektiv nur 3 Tage für Arbeit übrig. Am Montag wäre man damit beschäftigt, das Experiment wieder zu starten und am Freitag damit, das Experiment zu stoppen. Ein etwas anderes Bild zum Thema Familie vermittelt Françoise Barré-Sinoussi: Sie war selbst am Tag ihrer Hochzeit im Labor und hat gearbeitet. Hätte ihr Mann sie nicht noch vorsorglich angerufen und an die eigene Hochzeit erinnert, hätte sie diese Zeit womöglich im Labor verbracht.

Auch Kollaborationen waren natürlcih ein wichtiges Thema. Wobei mir der Vergleich von Barré-Sinoussi im Gedächtnis geblieben ist: “Wissenschaftler sind Menschen. Menschen sind Primaten. Und Primaten lieben ihre Territorien. Das selbe gilt für Wissenschaftler”. Zwischendurch driftete die Diskussion etwas ab, zumindest ich habe keine Ahnung mehr, wie Oliver Smithies darauf kam zu erzählen wie er im Labor seinen eigenen PCR-Cycler gebaut. Dieser hat allerdings Dämpfe absondert, die dazu führten, dass Mitarbeiter über Kopfschmerzen klagten.

John C. Mather, Nobelpreisträger für Physik, 2006

Zum Abschluss noch eine Empfehlung von Sir Harold Kroto: ‚Hört nicht auf die Ratschläge von Nobelpreisträgern. Und auch nicht auf die von euren Vorgesetzten.‘

Ganz im Sinne von “Die nächste Aussage ist wahr: Die letzte Aussage war eine Lüge”.