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Veröffentlicht 30. November 2023 von Neysan Donnelly

Chemienobelpreis 2023: Entdeckung winziger farbemittierender Punkte

Quantenpunkte werden verwendet, um Farben in Fernsehgeräten und Beleuchtung zu verbessern und zu verfeinern. Photo/Credit: lisegagne/iStockphoto

Der Nobelpreis für Chemie 2023 wird an drei Forscher für die Entdeckung und Entwicklung von Nanostrukturen verliehen, die bereits die Technologie des Fernsehens verändert haben und in Zukunft einen großen Einfluss auf die medizinische Bildgebung haben könnten.

Man kann wahrscheinlich behaupten, dass die meisten von uns vor der Bekanntgabe des diesjährigen Nobelpreises für Chemie, der an Moungi G. Bawendi, Louis E. Brus und Aleksey Yekimov für die Entdeckung und Entwicklung dieser Teilchen verliehen wurde, noch nie von Quantenpunkten gehört hatten. Was sind also Quantenpunkte und was macht sie zu einer nobelpreiswürdigen Entdeckung?

Quantenpunkte sind winzige Partikel mit einer Größe zwischen zwei und zehn Nanometern. Bei der Bekanntgabe des Preises nutzte Professor Heiner Linke, Mitglied des schwedischen Nobelkomitees für Chemie und des Kuratoriums für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau, folgende Analogie: Um zu verstehen, wie winzig Quantenpunkte sind, stelle man sich vor: Das Verhältnis von Quantenpunkten zu Fußbällen ist so groß wie das von Fußbällen zur Erde. Anders ausgedrückt: In einen Fußball passen so viele Quantenpunkte wie Fußbälle in die Erde.

Tatsächlich bestehen Quantenpunkte nur aus ein paar hundert Atomen. Es ist jedoch nicht ihre Größe, die so erstaunlich ist. Vielmehr sind es ihre einzigartigen Eigenschaften. Quantenpunkte können Strom leiten und daraufhin Licht aussenden. Erstaunlicherweise ändert sich allein durch die Anpassung der Größe des Teilchens die lichtemittierende Aktivität, d. h. die Wellenlänge des Lichts und damit die Farbe, die emittiert wird. Warum ist dies der Fall? Die Antwort liegt in der Quantenmechanik.

Wenn ein Elektron Teil eines so kleinen Nanopartikels ist, wird seine Welle komprimiert, wodurch sich die Eigenschaften des gesamten Materials verändern. Wenn dann eine Ansammlung von unterschiedlich großen Quantenpunkten einer Lichtquelle ausgesetzt wird, strahlt jeder Punkt eine Farbe einer bestimmten Wellenlänge aus: Je größer der Punkt, desto stärker verschiebt sich das emittierte Licht in Richtung Rot, wohingegen bei kleineren Punkten das Licht mehr zum grünen Ende des Spektrums hin verzerrt ist.

Klein, aber oho: die Geschichte der Quantenpunkte

Die Geschichte der Quantenpunkte begann vor 40 Jahren in der Sowjetunion und in den USA. Hinter dem Eisernen Vorhang begannen Yekimov und Alexander Efros, die damals am Staatlichen Wawilow-Institut für Optik (GOI) und am Physikalisch Technischen Institut Joffe in Russland tätig waren, mit der Erforschung von halbleiterdotierten Gläsern. Zur gleichen Zeit, aber am anderen Ende der Welt, untersuchte Louis E. Brus von den Bell Laboratories in New Jersey Halbleiterpartikel. Unabhängig voneinander und ohne die Fortschritte der jeweils anderen zu kennen, gelang es den Russen und dem Amerikaner, Halbleiter-Nanokristalle zu entwickeln und eine theoretische Erklärung für deren größenabhängige optische Eigenschaften zu finden. Es dauerte jedoch mehrere Jahre, bis beide Forscherteams von den Ergebnissen und Fortschritten der jeweils anderen Gruppe erfuhren. Die erste Verbindung wurde hergestellt, als Brus englische Übersetzungen von Yekimovs Arbeiten erhielt, woraufhin er mit dem Autor Kontakt aufnahm. Das letzte Puzzleteil für den Nobelpreis war der Durchbruch von Moungi G. Bawendi Anfang der 1990er Jahre bei der zuverlässigen und kontrollierten Synthese von Quantenpunkten, die bis dahin nicht möglich gewesen war.

Wie bei jedem großen Durchbruch in der Wissenschaft gab es auch hier viele unbekannte Forscher*innen, die elementare Beiträge geleistet haben. Zwei davon wurden kürzlich in einem Artikel im Wissenschaftsmagazin Nature hervorgehoben: Christopher Murray, einer der ersten Doktoranden von Bawendi, entwickelte eine Methode zur Synthese von Quantenpunkten und Manoj Nirmal, ein weiterer früher Doktorand von Bawendi, untersuchte Anfang der 1990er Jahre in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Louis E. Brus die Eigenschaften von Quantenpunkten.

Mögliche Anwendungen

Obwohl sie aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften speziell für Chemiker*innen und Physiker*innen von großem Interesse sind, haben Quantenpunkte aufgrund ihrer vielfältigen und wichtigen kommerziellen Anwendungen eine weit größere Aufmerksamkeit erregt: Sie werden in Fernsehbildschirmen und in der Beleuchtungstechnik eingesetzt, wo sie die Helligkeit und Farbe von Leuchtdioden (LEDs) verbessern. Auch für die medizinische Diagnostik sind sie als fluoreszierende Marker, die zum Beispiel an Krebszellen binden können, vielversprechend.

Tumor cells under microscope labeled with fluorescent molecules
Tumorzellen unter einem Mikroskop. Die Markierung von Krebszellen mit Quantenpunkten, die stabil Fluoreszenz ausstrahlen, könnte es Forschern und Ärzten ermöglichen, Krebserkrankungen besser zu verfolgen und zu behandeln.

Die Quantenpunkttechnologie ermöglicht beispielsweise die Entwicklung von Fernsehbildschirmen mit einer enormen Anzahl intensiver Farben, was die Bildqualität verbessert und ein Seherlebnis schafft, das der uns umgebenden Welt sehr nahekommt. In LED-Leuchten ermöglicht die Verwendung und Mischung von Quantenpunkten die Minimierung des blauen Lichts, das von vielen als kalt und unangenehm empfunden wird. Stattdessen wird Licht erzeugt, das dem Sonnenlicht ähnelt. In der Onkologie könnten Quantenpunkte zur Überwachung des Tumorwachstums und des Ansprechens auf eine Therapie eingesetzt werden. Da Quantenpunkte Fluoreszenz auf eine viel stabilere Weise emittieren können als andere Moleküle, die bei Lichtanregung wieder Licht zurückstrahlen, sind sie auch vielversprechende Kandidaten für die Bildgebung während der fluoreszenzgesteuerten Chirurgie. Linke ist überzeugt, dass dies nur einige wenige der zahlreichen Anwendungen sind, in denen Quantenpunkte in Zukunft eingesetzt werden.

Neysan Donnelly

Neysan Donnelly arbeitet als Projektmanager und Wissenschaftsautor im Rheinland. Er schloss seine Doktorarbeit beim Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München ab.