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Veröffentlicht 6. Juli 2016

Gravitationswellen und Exoplaneten: Unterschiedliche Wege zum Nobelpreis

Die meisten der Nobelpreisträger, die in diesem Jahr in Lindau anwesend waren, haben die Konferenz auch schon in den vergangenen Jahren besucht. Sie kennen die Stadt, die Tagung und die Abläufe; sie wissen wie alles funktioniert und was sie zu erwarten haben. Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt waren dagegen mehrheitlich das erste Mal in Lindau oder überhaupt in Deutschland. Für sie war das meiste hier neu und unbekannt und sie haben die Stadt und die Nobelpreisträgertagung mit ganz anderen Augen gesehen als die Konferenz-Veteranen unter den Laureaten.

LIGOs Beobachtungen von Gravitationswellen (Bild:LIGO)
LIGOs Beobachtungen von Gravitationswellen (Bild:LIGO)

Diese unterschiedlichen Sichtweisen spiegeln auch die unterschiedlichen Wege zu großen wissenschaftlichen Entdeckungen wider. Ein Beispiel dafür sind Gravitationswellen. Die Nobelpreisträger haben bei ihren Vorträgen in Lindau immer wieder darauf hin gewiesen, dass der im Februar 2016 bekannt gegebene erste direkte Nachweis von Gravitationswellen mit Sicherheit in einer der kommenden Preisverleihungen mit einem Nobelpreis ausgezeichnet werden wird. Wenn das passiert, dann ehrt das Nobelkomitee damit ein wissenschaftliches Projekt, das seinen Ursprung vor 100 Jahren hatte. Damals entwickelte Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie und wies darauf hin, dass sich Verformungen in der Raumzeit wie Wellen durch das gesamte Universum ausbreiten können. In den 1960er Jahren begannen Wissenschaftler um Reiner Weiss, Ronald Drever und Kip Thorne damit sich zu überlegen, wie man diese Wellen auch direkt nachweisen könnte. Ihnen war klar, dass die Messinstrumente dafür enorm sensibel sein müssen und ihnen war auch klar, dass die damals aktuelle Technik dafür noch nicht ausreicht. Aber sie arbeiteten weiter, entwickelten immer neue und bessere Prototypen bis schließlich, mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn der Arbeit, das Gravitationswellenobservatorium LIGO endlich ausreichend exakt messen konnte um den direkten Nachweis einer Gravitationswelle zu führen. Diese Leistung war nur möglich, weil Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf der ganzen Welt über Jahrzehnte hinweg unermüdlich am selben Thema gearbeitet hatten. Sie wussten, was sie erreichen wollten und sie wussten zumindest theoretisch wie sie es erreichen könnten. Und am Ende hat sich die intensive Beschäftigung mit der Materie ausgezahlt und die von allen lange erwartete Entdeckung wurde gemacht. Der Nachweis der Gravitationswellen ähnelt vom Ablauf der Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012: Auch hier stand zu Beginn eine theoretische Vorhersage auf die eine jahrzehntelange Suche mit immer besseren Instrumenten folgte. Genau so war es bei der Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung und vielen anderen, mittlerweile mit Nobelpreisen ausgezeichneter Forschung. Der lange Weg von einer Vorhersage über mühsame Messkampagnen bis hin zum schlussendlichen Erfolg ist aber nur ein Weg um große Entdeckungen zu machen. Manchmal läuft es auch ganz anders. Zum Beispiel als im Jahr 1995 zwei Astronomen aus der Schweiz den ersten Planeten entdeckten, der nicht unsere Sonne sondern einen anderen Stern umkreiste. Der Nachweis dieses ersten extrasolaren Planeten hat die Astronomie revolutioniert und wird früher oder später mit großer Wahrscheinlichkeit auch mit einem Nobelpreis gewürdigt werden. Hätten sich die Wissenschaftler aber damals ebenso intensiv mit der Materie beschäftigt wie ihre Kollegen aus der Gravitationswellenforschung, hätte man auf diese Entdeckung aber vermutlich noch ein wenig länger arbeiten müssen. Die beiden Astronomen die sich Mitte der 1990er-Jahre auf der Suche nach extrasolaren Planeten machten, waren Michel Mayor und sein Doktorand Didier Queloz. Queloz beobachtete im Rahmen seiner Doktorarbeit das Licht ferner Sterne und versuchte daraus zu bestimmen, ob und wie schnell sie hin und her wackeln. Dieses Wackeln ist ein Indiz dafür, dass sie von einem Planeten umkreist werden, dessen Gravitationskraft den Stern ein wenig schwanken lässt. Die beiden Schweizer waren nicht die einzigen, die damals auf der Jagd nach extrasolaren Planeten waren. Aber sie waren die ersten, die Erfolg hatten. Und Didier Queloz ist überzeugt davon, dass sie nur deshalb erfolgreich waren, weil er als junger Student damals noch nicht allzu viel über gängigen Theorien zur Planetenentstehung wusste.

Künstlerische Darstellung von 51 Pegasi und seinem Planeten (Bild: ESO/M. Kornmesser/Nick Risinger - skysurvey.org)
Künstlerische Darstellung von 51 Pegasi und seinem Planeten (Bild: ESO/M. Kornmesser/Nick Risinger – skysurvey.org)

Damals ging man davon aus, dass sich große und massereiche Planeten nur weit entfernt von ihren Sternen befinden können. Nur dort gibt es während der Entstehungsphase von Planetensystemen genug Material zur Bildung von großen Himmelskörpern. Wenn diese Planeten weit vom Stern entfernt sind, dann brauchen sie auch entsprechend lange für einen Umlauf. Und je länger die Umlaufzeit, desto langsamer wackelt der Stern hin und her. Bei den Planeten, die man mit den damals vorhandenen Teleskopen nachweisen zu können hoffte, ging man von Perioden aus die mindestens einige Jahre dauerten. Queloz aber fand bei seiner Untersuchung des Sterns 51 Pegasi ein Wackeln, dass nur 4 Tage dauerte und deshalb von einem großen Planeten verursacht werden musste, der ebenfalls nur 4 Tage für einen Umlauf um den Stern brauchte. Das war etwas, was nach dem damaligen Stand der Theorie eigentlich nicht sein konnte. Die anderen Teams, die weltweit auf der Suche nach Planeten waren, machten sich auch gar nicht erst die Mühe nach Planeten mit kurzen Umlaufzeiten zu suchen; ihre Datenverarbeitungsroutinen waren auf jahrelang dauernde Orbits ausgelegt. Aber Queloz ging die Sache mit einem frischen Blick an, der noch einigermaßen unbeeinflusst von der vorherrschenden Meinung war. In einem Interview mit der BBC anlässlich des 20jährigen Jubiläums der Entdeckung erklärt Queloz, dass er sich vermutlich nicht getraut hätte, an die Entdeckung eines Planeten zu denken, wenn er mehr über das Thema gewusst hätte, als er damals gewusst hatte.

Wenn die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach der Konferenz in Lindau wieder zurück nach Hause an ihre Universitäten und Forschungsinstitute kommen, dann haben sie im Gespräch mit den Nobelpreisträgern hoffentlich viel Neues gelernt und ihr Wissen über ihr Arbeitsgebiet vertieft. Sie haben sich aber auch hoffentlich weiterhin ihren frischen Blick auf die Forschung bewahrt. Denn beides ist nötig, wenn man große Entdeckungen machen möchte.

Die meisten der Nobelpreisträger die in diesem Jahr in Lindau anwesend waren, haben die Konferenz auch schon in den vergangenen Jahren besucht. Sie kennen die Stadt, die Tagung und die Abläufe; sie wissen wie alles funktioniert und was sie zu erwarten haben. Die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt waren dagegen mehrheitlich das erste Mal in Lindau oder überhaupt in Deutschland. Für sie war das meiste hier neu und unbekannt und sie haben die Stadt und die Nobelpreistagung mit ganz anderen Augen gesehen als die Konferenz-Veteranen unter den Laureaten.

LIGOs Beobachtungen von Gravitationswellen (Bild:LIGO)
LIGOs Beobachtungen von Gravitationswellen (Bild:LIGO)

Diese unterschiedlichen Sichtweisen spiegeln auch die unterschiedlichen Wege zu großen wissenschaftlichen Entdeckungen wieder. Ein Beispiel dafür sind Gravitationswellen. Die Nobelpreisträger haben bei ihren Vorträgen in Lindau immer wieder darauf hin gewiesen, dass der im Februar 2016 bekannt gegebene erste direkte Nachweis von Gravitationswellen mit Sicherheit in einer der kommenden Preisverleihungen mit einem Nobelpreis ausgezeichnet werden wird. Wenn das passiert, dann ehrt das Nobelkomitee damit ein wissenschaftliches Projekt, das seinen Ursprung vor 100 Jahren hatte. Damals entwickelte Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie und wies darauf hin, dass sich Verformungen in der Raumzeit wie Wellen durch das gesamte Universum ausbreiten können. In den 1960er Jahren begannen Wissenschaftler um Reiner Weiss, Ronald Drever und Kip Thorne damit sich zu überlegen, wie man diese Wellen auch direkt nachweisen könnte. Ihnen war klar, dass die Messinstrumente dafür enorm sensibel sein müssen und ihnen war auch klar, dass die damals aktuelle Technik dafür noch nicht ausreicht. Aber sie arbeiteten weiter, entwickelten immer neue und bessere Prototypen bis schließlich, mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn der Arbeit, das Gravitationswellenobservatorium LIGO endlich ausreichend exakt messen konnte um den direkten Nachweis einer Gravitationswelle zu führen. Diese Leistung war nur möglich, weil Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auf der ganzen Welt über Jahrzehnte hinweg unermüdlich am selben Thema gearbeitet hatten. Sie wussten, was sie erreichen wollten und sie wussten zumindest theoretisch wie sie es erreichen könnten. Und am Ende hat sich die intensive Beschäftigung mit der Materie ausgezahlt und die von allen lange erwartete Entdeckung wurde gemacht. Der Nachweis der Gravitationswellen ähnelt vom Ablauf der Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012: Auch hier stand zu Beginn eine theoretische Vorhersage auf die eine jahrzehntelange Suche mit immer besseren Instrumenten folgte. Genau so war es bei der Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung und vielen anderen, mittlerweile mit Nobelpreisen ausgezeichneter Forschung. Der lange Weg von einer Vorhersage über mühsame Messkampagnen bis hin zum schlussendlichen Erfolg ist aber nur ein Weg um große Entdeckungen zu machen. Manchmal läuft es auch ganz anders. Zum Beispiel als im Jahr 1995 zwei Astronomen aus der Schweiz den ersten Planeten entdeckten, der nicht unsere Sonne sondern einen anderen Stern umkreiste. Der Nachweis dieses ersten extrasolaren Planeten hat die Astronomie revolutioniert und wird früher oder später mit großer Wahrscheinlichkeit auch mit einem Nobelpreis gewürdigt werden. Hätten sich die Wissenschaftler aber damals ebenso intensiv mit der Materie beschäftigt wie ihre Kollegen aus der Gravitationswellenforschung, hätte man auf diese Entdeckung aber vermutlich noch ein wenig länger arbeiten müssen. Die beiden Astronomen die sich Mitte der 1990er-Jahre auf der Suche nach extrasolaren Planeten machten, waren Michel Mayor und sein Doktorand Didier Queloz. Queloz beobachtete im Rahmen seiner Doktorarbeit das Licht ferner Sterne und versuchte daraus zu bestimmen, ob und wie schnell sie hin und her wackeln. Dieses Wackeln ist ein Indiz dafür, dass sie von einem Planeten umkreist werden, dessen Gravitationskraft den Stern ein wenig schwanken lässt. Die beiden Schweizer waren nicht die einzigen, die damals auf der Jagd nach extrasolaren Planeten waren. Aber sie waren die ersten, die Erfolg hatten. Und Didier Queloz ist überzeugt davon dass sie nur deshalb erfolgreich waren, weil er als junger Student damals noch nicht allzu viel über gängigen Theorien zur Planetenentstehung wusste.

Künstlerische Darstellung von 51 Pegasi und seinem Planeten (Bild: ESO/M. Kornmesser/Nick Risinger - skysurvey.org)
Künstlerische Darstellung von 51 Pegasi und seinem Planeten (Bild: ESO/M. Kornmesser/Nick Risinger – skysurvey.org)

Damals ging man davon aus, dass sich große und massereiche Planeten nur weit entfernt von ihren Sternen befinden können. Nur dort gibt es während der Entstehungsphase von Planetensystemen genug Material zur Bildung von großen Himmelskörpern. Wenn diese Planeten weit vom Stern entfernt sind, dann brauchen sie auch entsprechend lange für einen Umlauf. Und je länger die Umlaufzeit, desto langsamer wackelt der Stern hin und her. Bei den Planeten, die man mit den damals vorhandenen Teleskopen nachweisen zu können hoffte, ging man von Perioden aus die mindestens einige Jahre dauerten. Queloz aber fand bei seiner Untersuchung des Sterns 51 Pegasi ein Wackeln, dass nur 4 Tage dauerte und deshalb von einem großen Planeten verursacht werden musste, der ebenfalls nur 4 Tage für einen Umlauf um den Stern brauchte. Das war etwas, was nach dem damaligen Stand der Theorie eigentlich nicht sein konnte. Die anderen Teams die weltweit auf der Suche nach Planeten waren, machten sich auch gar nicht erst die Mühe nach Planeten mit kurzen Umlaufzeiten zu suchen; ihre Datenverarbeitungsroutinen waren auf jahrelang dauernde Orbits ausgelegt. Aber Queloz ging die Sache mit einem frischen Blick an, der noch einigermaßen unbeeinflusst von der vorherrschenden Meinung war. In Interview mit der BBC anlässlich des 20jährigen Jubiläums der Entdeckung erklärt Queloz, dass er sich vermutlich nicht getraut hätte, an die Entdeckung eines Planeten zu denken, wenn er mehr über das Thema gewusst hätte, als er damals gewusst hatte. Wenn die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach der Konferenz in Lindau wieder zurück nach Hause an ihre Universitäten und Forschungsinstitute kommen, dann haben sie im Gespräch mit den Nobelpreisträgern hoffentlich viel Neues gelernt und ihr Wissen über ihr Arbeitsgebiet vertieft. Sie haben sich aber auch hoffentlich weiterhin ihren frischen Blick auf die Forschung bewahrt. Denn beides ist nötig, wenn man große Entdeckungen machen möchte.