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Veröffentlicht 10. Januar 2017 von Gero von der Stein

Zum Tode von Roman Herzog (1934 – 2017)

Die Mitglieder des Kuratoriums und der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen trauern um Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog.

Roman Herzog besuchte als erster Bundespräsident 1995 die Lindauer Nobelpreisträgertagung. „Seitdem wissen wir ihn als ebenso treuen wie kritischen Begleiter an unserer Seite, der uns anspornt, die Weiterentwicklung der Tagung mutig und zielgerichtet anzugehen“, erklärte Bettina Gräfin Bernadotte, Präsidentin des Kuratoriums der Tagungen, anlässlich der Verleihung der Lennart-Bernadotte-Medaille an Herzog 2010 auf Burg Jagsthausen, wo er mit seiner Ehefrau Alexandra Freifrau von Berlichingen lebte.

 

Roman Herzog mit Freifrau
Roman Herzog mit Alexandra Freifrau von Berlichingen 2001 bei der 51. Lindauer Nobelpreisträgertagung. Foto: Archiv Jacobs/Lindau Nobel Laureate Meetings

Herzog kannte und schätzte die Nobelpreisträgertagungen bereits aus seiner Zeit als baden-württembergischer Kultusminister Ende der 1970er Jahre und fühlte sich Lennart Graf Bernadotte und seinem Lebenswerk verbunden. Nach dem Ende seiner Präsidentschaft 1999 engagierte er sich verstärkt für die Tagung, die jeden Sommer zahlreiche Nobelpreisträger und hunderte Nachwuchswissenschaftler zu einem inspirierenden Gedankenaustausch an den Bodensee einlädt. Doch Ende der 1990er Jahre bestand Reformbedarf: Die Tagungen brauchten einen festeren finanziellen Boden, und sie sollten im In- und Ausland bekannter und zu einem Leuchtturm für Wissenschaftsförderung in Europa werden.

„Die von ihm mitangeregte Einrichtung der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen war eine entscheidende Wegmarke, um dem Lindauer Dialog eine langfristige und nachhaltige Perspektive zu geben“, so Bettina Gräfin Bernadotte weiter. Er entwickelte einerseits Ideen und Pläne, um die Lindauer Tagungen fit für die Zukunft zu machen, und er stellte andererseits den Beteiligten Persönlichkeiten vor, die als neue Akteure die Entwicklung der Tagung in den folgenden Jahren maßgeblich prägen sollten, insbesondere Professor Wolfgang Schürer und Thomas Ellerbeck. Ellerbeck war 1999 Leiter des persönlichen Büros von Herzog und übernahm als Mitglied des Kuratoriums und später Mitgründer und Vorstand der Stiftung unter anderem die Aufgabe, die Bekanntheit der Tagungen zu steigern. Professor Schürer begleitete die Lindauer Tagungen von 2000-2015 als Vorsitzender des Vorstands der Stiftung. Nach Gründung der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertagungen Ende 2000 wurde Roman Herzog selbst deren Ehrenpräsident und Mitglied im Ehrensenat. „Seine Art, Themen anzupacken und sich einzubringen, für die Nobelpreisträgertagungen in Lindau wie auch als Bundespräsident, hat mich nachhaltig beeindruckt, und die Treffen mit diesem humorvollen, bescheidenen und klugen Menschen waren für mich immer sehr inspirierend“, blickt Bettina Gräfin Bernadotte heute auf ihre Begegnungen mit Roman Herzog zurück.

 

Roman Herzog (rechts) mit Nobelpreisträger Zhores Alferos 2001 in Lindau. Foto: Peter Badge
Roman Herzog (rechts) mit Nobelpreisträger Zhores Alferov 2001 in Lindau. Foto: Peter Badge/Lindau Nobel Laureate Meetings

Wenn heute von Roman Herzog gesprochen oder geschrieben wird, erinnern alle gerne an seine berühmte Ruck-Rede aus dem Jahr 1997, in der Herzog die Deutschen aufforderte, weniger bequem zu sein und von einigen liebgewordenen Besitzständen Abschied zu nehmen: „Ich rufe auf zu mehr Flexibilität! In der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts werden wir alle lebenslang lernen, neue Techniken und Fertigkeiten erwerben und uns an den Gedanken gewöhnen müssen, später einmal in zwei, drei oder sogar vier verschiedenen Berufen zu arbeiten.“ Heute kommt uns dieses Thema zwar wichtig vor, aber viele Menschen haben sich daran gewöhnt, dass sie sich immer wieder neu orientieren müssen. Doch vor zwanzig Jahren klangen diese Sätze geradezu revolutionär, wurden öffentlich diskutiert – und werden heute noch regelmäßig zitiert. Herzog war es auch, der bereits Mitte der 1990er Jahre für einen ernsthaften Dialog der Kulturen zwischen Westen und Islam warb. Auch hier leisten die Lindauer Tagungen bis heute einen wichtigen Beitrag, wenn Nachwuchswissenschaftler verschiedenster Nationen, Kulturen und Religionen zusammentreffen.

Roman Herzog lagen die Wissenschaft, die technische und wirtschaftliche Innovation sowie die Bildung der Jugend sehr am Herzen. Als Bundespräsident a.D. und ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts nahm er zahlreiche Aufgaben im In- und Ausland wahr und brachte sich immer wieder aktiv für die Lindauer Nobelpreisträgertagungen ein. „Die Nobelpreisträger, die Gremien der Lindauer Tagungen und die Familie Bernadotte sind ihm dankbar“, erklärte Bettina Gräfin Bernadotte.

Roman Herzog verstarb am 10. Januar 2017. Das Mitgefühl in dieser schweren Zeit der Trauer und des Abschieds gilt seiner Frau und den Angehörigen.

Gero von der Stein

Gero von der Stein worked for the communications department of the Lindau Nobel Laureate Meetings from 2013 to 2019. As head of communications, he was responsible for all public relations activities of the Council and the Foundation. Every summer during the Lindau Meetings, he is enthralled by the informal exchange between scientists from more than 80 countries.