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Veröffentlicht 30. Juni 2014 von Christine Gorman

Die Zukunft gehört den Forscherinnen und Firmenchefs

Christine Gorman über die beeindruckende Präsentation von Hans Rosling bei der Eröffnung der 64. Lindauer Nobelpreisträgertagung

Erstmals in der 64-jährigen Geschichte der Lindauer Tagung nehmen an diesem exklusiven Treffen zwischen Nobelpreisträgern und handverlesenen Nachwuchsforschern mehr Frauen als Männer teil! Zwischen 3.000 und 4.000 Doktoranden und Nachwuchsforscher hatten sich für eine Teilnahme an der jährlichen Tagung im hübschen Städtchen Lindau am Bodensee beworben. „Dieses Jahr haben sich erstmals mehr junge Frauen als Männer qualifiziert“, erklärt Gräfin Bettina Bernadotte den Teilnehmern der Eröffnungszeremonie am Sonntagnachmittag; 600 Plätze für Nachwuchsforscher waren zu vergeben.

Trotzdem war dies nicht die größte Überraschung des Nachmittags. Die überraschenste Tatsache war: Selbst diese sehr gut ausgebildete Versammlung schnitt in einem spontan Quiz über globale Gesundheitsentwicklung nicht besonders gut ab. Aber bevor Sie jetzt ein paar schnippische Bemerkungen machen: Die Antworten der Teilnehmer deckten sich weitgehend mit den Antworten von Bürgern aus Großbritannien, den USA und Schweden, sowie mit den Antworten von Roslings Kollegen. Genau genommen schnitt nur eine Gruppe etwas besser ab: die Schimpansen eines schwedischen Zoos. Diese Tiere gaben natürlich Zufallsantworten – deshalb wurden ihre Antworten auch nicht durch Vorurteile verfälscht.

Hans Rosling talks about future population Credit: Christian Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings
Hans Rosling talks about future population Credit: Christian Flemming/Lindau Nobel Laureate Meetings

Hans Roslings Auftritte haben immer einen hohen Unterhaltungswert, bei gleichzeitigem Lernerfolg. Er ist Professor für Internationale Gesundheit am Karolinska Intitut in Schweden und hatte vier Fragen fürs Publikum mitgebracht. Dank der vorher verteilten Fernbedienungen wurde schnell klar, dass weniger als zehn Prozent der anwesenden Forscher, Studenten und Würdenträger wussten, dass 80 Prozent der Kinder weltweit gegen Masern geimpft sind (die meisten gaben entweder 20 oder 50 Prozent an), oder dass die Zahl der Neugeborenen in den kommenden Jahrzehnten ungefähr bei dem Zahlenwert von heute bleiben wird. (Die Zahl der Erwachsenen wird stattdessen zunehmen, auf eine Weltbevölkerung von neun Milliarden 2050, heute haben wir rund sieben Milliarden.) Auf die zwei nächsten Fragen gab es etwas mehr richtige Antworten, den größte Abstand zwischen Wahrnehmung und Realität gab es also bei den Fragen zur Masernimpfung und Geburtenzahl.

Rosling bemühte sich zu erklären, dass es keineswegs darum ging, die Anwesenden bloßzustellen. Stattdessen wollte er herausstreichen, wie stark unsere eigenen Vorurteile die Debatten über das Leben auf der Erde in den nächsten 50 oder 100 Jahren bestimmen: „Wenn Ihre Antworten schlechter sind als Zufallsantworten“, so Rosling, „haben wir es nicht mit fehlenden Informationen zu tun.“ Vielmehr ist es das scheinbar unverrückbare Weltbild, dass die Erde geteilt ist in „entwickelte Länder“ und „Entwicklungsländer“, das unsere Wahrnehmung nachhaltig prägt, selbst bei einer sehr gebildeten Zielgruppe.

Wer, glauben Sie, schneidet bei Roslings Schnell-Quiz besser ab als die Schimpansen? Die Geschäftsführer internationaler Firmen!

Mehr Informationen über Roslings Quiz-Formate finden Sie in diesem BBC-Artikel.


Dieser Artikel stammt von der Website Scientific American’s Oberservations, mit freundlicher Genehmigung von Christine Gorman.

Übersetzung: Susanne Dambeck

Christine Gorman

Christine Gorman is a senior editor for Health, Human Biology and Medicine at Scientific American.