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Veröffentlicht 20. Februar 2015 von Stephanie Hanel

George Smoot: Der Erforscher der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung wird 70

George Smoot vom MIT zu „The Big Bang Theory“

Physiknobelpreisträger George Fitzgerald Smoot wird auch dieses Jahr wieder als Gast in Lindau erwartet – dort trifft er die, denen er das Heft in die Hand drücken möchte: die Nachwuchswissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. „I want to encourage the next generation and hand over a science enterprise to my successors, which is good or better than the excellent one I came into as a young scientist.“

Peter Badge/Lindau Nobel Laureate Meetings
Photo: Peter Badge/Lindau Nobel Laureate Meetings

Wenn man einen virtuellen Rundgang in seinem Labor an der Pariser Universität macht, kann man sich selbst davon überzeugen. Junge, hoch motivierte Forscherinnen und Forscher arbeiten in einer sehr inspirierenden Atmosphäre: Werkstatt, Labor, Computer und Tafeln mit Formeln – und hinter dem mit einem Berg Papieren überladenen Schreibtisch lugt bescheiden, aber verschmitzt der Chef hervor.

Seine Wurzeln hat Smoot in einem außerordentlich bildungsfreundlichen Elternhaus, in das er am 20. Februar 1945 in Yukon, Florida hinein geboren wurde. Nicht nur, dass seine Eltern – Mutter Lehrerin und Vater Hydrologe – unter schwierigen Umständen in ihre eigene Ausbildung investierten, auch der junge Smoot erhielt bestmögliche Unterstützung. Die Eltern brachten ihrem Sohn privat bei, was in seiner High-School nicht unterrichtet wurde. Nebenbei erlebte er eine aus jetziger Sicht wildromantische Kindheit in Alaska, wohin es die Familie aufgrund eines Auftrags für den Vater verschlug. George Smoot beschreibt in seinen biografischen Aufzeichnungen das Arbeitsleben seines Vaters so, dass man gar nicht anders kann, als Parallelen zwischen Vater und Sohn zu ziehen. Der Vater sammelte nicht nur Daten, er ersann auch zahlreiche Geräte und Techniken, um seine Arbeit zu optimieren. Das gelang ihm offenbar so gut, dass er als Experte später weltweit gefragt war. Zuvor hatte er in Alaska aber eigenhändig Elche und Bären gejagt und für die Ernährung der Familie gesorgt. So zieht Smoot „junior“ auch folgendes Fazit: „The role model he provided and message he sent was: go anywhere and do anything necessary to get the data or the meat for the meals.“ Und genau das tat der Sohn dann auch.

Am MIT erwarb Smoot den Bachelor in Mathematik und Physik und verfasste seine Doktorarbeit über den Zerfall subatomarer Elementarteilchen. Er wechselte in den Bereich der Kosmologie, als er die Chance erhielt, in Berkeley in der Arbeitsgruppe des Nobelpreisträger Luis Alvarez an einem von der NASA finanzierten Projekt zu arbeiten. „Our goal was to design an experiment to find evidence of the Big Bang, which had become scientists favored explanation for the formation of the universe.“ Auf diesem Weg kam Smoot unweigerlich immer wieder auf die kosmische Hintergrundstrahlung zurück, denn sie gilt als Relikt des Urknalls und ist somit sein einzig greifbares Zeugnis. Die Entdeckung dieses Phänomens hat sich 2014 zum fünfzigsten Mal gejährt und war ein glückliches Nebenprodukt von Messungen, die den durchführenden Astronomen einen Nobelpreis einbrachte. Sie bemerkten im Mai 1964 ein schwaches Signal, das aus allen Himmelrichtungen kam. Die von Arno Penzias und Robert Wilson aufgefangenen Photonen entstanden circa 380.000 Jahre nach dem Urknall und rasen seitdem durch das Weltall. Das war der Stand der Dinge als ab 1974 Smoot und John C. Mather ins Spiel kamen – beide später mit ihren Teams Teil des COBE Projektes der NASA. Wie ausdauernd man sein Ziel verfolgen muss, kann man schon alleine an der Zeit ermessen, die es brauchte, bis diese Mission tatsächlich stattfand: Erst 1989 ging der COBE (Cosmic Background Explorer) Satellit an den Start.

 

62nd Lindau Nobel Leaureate Meeting
George Smoot 2012 in Lindau

 

Smoot und seinem Team gelang es mit den Messergebnissen sogenannte Anisotropien zu belegen. Das bedeutet, dass die Hintergrundstrahlung nicht homogen ist. Ihre Temperatur variiert räumlich um etwa 0,01 Promille. Die Anisotropien liefern bedeutende Informationen über die Entwicklung des Universums, denn die heißen und kalten Flecken spiegeln Variationen in der Dichte des Gases zu der Zeit wider als die Photonen ihre Reise begannen. Es wird angenommen, dass die Schwerkraft diese Schwankungen verstärkte und so dichtere Regionen entstanden, aus denen schließlich Galaxien und Galaxienhaufen hervorgingen. Für eben diese Entdeckung erhielt Smoot 2006 seine Hälfte des Nobelpreises. Die andere Hälfte ging an John Mather für den Beweis der blackbody Form der Hintergrundstrahlung.

So zielstrebig und hartnäckig Smoot seine wissenschaftlichen Ziele verfolgte und verfolgt, so hat er doch einen guten Sinn für Humor und war nicht nur während der Studienzeit für den einen oder anderen Nerd-Scherz zu haben. Kenner der Fernsehserie The Big Bang Theory erinnern sich sicher an Smoots Gastauftritt bei dem er von Sheldon Cooper als „Diva“ bezeichnet wird. Wenn Smoot etwas nicht ist, dann eine Diva – dem geerdeten und gleichzeitig so weit blickenden Jubilar die besten Geburtstagsglückwünsche!

Stephanie Hanel

Stephanie Hanel is a journalist and author. Her enthusiasm for the people behind science grew out of her work as an online editor for AcademiaNet, an international portal that publishes profiles of excellent female scientists. She is an interested observer of new communication channels and narrative forms as well as a dedicated social media user and science slam fan.