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Veröffentlicht 22. Januar 2021 von Mitglieder der Sciathon-Gruppe Clifton:

authentiSci: Wissenschaftliche Orientierung im postfaktischen Medienzeitalter

Im Juni 2020 veranstaltete das Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau die Online Science Days: einen viertägigen digitalen Austausch mit Vorträgen und Debatten über aktuelle globale Probleme, die aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen angegangen werden. Bestandteil des Programms waren auch die Ergebnisse des Online Sciathons, der im Vorfeld der Online Science Days stattfand.

Diese Veranstaltung konzentrierte sich während eines ganzen Wochenendes auf drei Themen: Kapitalismus nach Corona, Kommunikation zum Klimawandel und die Lindau Guidelines, Leitlinien für faire und nachhaltige Wissenschaft. Insgesamt haben 48 Teams innerhalb von 48 Stunden 48 Projekte entworfen, entwickelt, strukturiert und ausgearbeitet. Darüber hinaus produzierte jede Gruppe im Stil eines „Hackathon-Projektes“ innerhalb der vorgegebenen Zeit einen 2-minütigen Videoclip. Man stelle sich vor, diese Aufgaben an einem Wochenende mit einem Team von Menschen zu vollenden, die sich noch nie zuvor getroffen haben, tausende von Kilometern voneinander entfernt, in verschiedenen Zeitzonen lebend, mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, beruflichen Hintergründen und Sprachen. Obwohl es scheinbar unmöglich war, haben die Teams die Frist eingehalten! Es war ein wirklich aufregendes und inspirierendes Wochenende.

Wissenschaft und Gesellschaft näher zusammenbringen

Erfolgreiche virtuelle Zusammenarbeit

Zusammen mit 15 anderen Teams, waren wir – die Gruppe Clifton – in der Kategorie „Lindau Guidelines“ angetreten. Sie bestand aus sechs Lindau Alumni (aus Großbritannien, Japan, Spanien und Marokko) und zwei „Young Scientists“ (aus Kanada und Venezuela), die für die Teilnahme an der Tagung 2021 ausgewählt worden waren. Trotz der Herausforderungen von virtueller und globaler Zusammenarbeit verfügte unser Team über eine effiziente Kommunikation, gegenseitiges Verständnis, Disziplin und Enthusiasmus, um unsere Ziele zu erreichen und die Abgabefrist einzuhalten. Wir hatten eine ambitionierte Liste mit Ideen und jede Aufgabe wurde den Fähigkeiten des Einzelnen entsprechend effektiv delegiert. Wir entwickelten die grundlegende Idee, strukturierten unser Projekt, programmierten die Software, produzierten ein Video und erstellten die Website authentisci.com, die unsere Vision erläutert und die Hauptfunktionen unseres Tools beschreibt. Nach einer Menge Aufregung und literweisem Kaffeekonsum war authentiSci geboren! Unser Team gewann den zweiten Platz der Kategorie Lindau Guidelines, aber noch wichtiger ist, dass diese Veranstaltung Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der ganzen Welt zusammenbrachte, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: die Brücke zwischen Wissenschaft und Gesellschaft weiter auszubauen.

Forschung der Öffentlichkeit vermitteln

Als Wissenschaftler haben wir, unabhängig von unserer Disziplin, die Verpflichtung, unsere Forschung an die Öffentlichkeit zu kommunizieren. In diesem globalen, digitalisierten Zeitalter wird der Großteil der Nachrichten online kommuniziert, was eine schnelle Verbreitung von Informationen, unabhängig von ihrer Qualität, ermöglicht. Diese Entwicklung wird durch die zunehmende Nutzung Social Media für den Zugang zu Informationen noch verstärkt.

Virtuelle Zusammenarbeit

Infolgedessen nimmt die Wahrscheinlichkeit von Ungenauigkeiten und Fehlinterpretationen in den von vielen Menschen gelesenen Artikeln jeden Tag dramatisch zu, was die Lösung aktueller globaler Probleme behindert und unsere postfaktische Ära festigt. Und genau hier setzt authentiSci an, indem es den Austausch von Nachrichten rund um die Wissenschaft erleichtert und gleichzeitig die Genauigkeit bei der Darstellung wissenschaftlicher Entdeckungen schützt.

Browser-Erweiterung

AuthentiSci ist eine Online-Plattform, die die korrekte Verbreitung und Interpretation von Forschungsergebnissen fördert, indem sie es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ermöglicht, Feedback zur wissenschaftlichen Validität von Online-Inhalten zu geben. Sie haben die Erfahrung und Ausbildung, um die Glaubwürdigkeit von wissenschaftlichen Informationen, die im Internet für die Öffentlichkeit präsentiert werden, zu bestätigen. Dieser Feedback-Prozess zur Authentifizierung von Medienberichten wird dringend benötigt. Daher basiert authentiSci auf einem benutzerfreundlichen Browser-Plugin, das es Wissenschaftlern ermöglicht, relativ unkompliziert die Leerstelle zwischen Medien und Öffentlichkeit zu füllen.

Das Feedback wird als Punktestand visualisiert, mit dem jeder, der das Plug-in installiert hat, die Gültigkeit von wissenschaftlichen Medienveröffentlichungen überprüfen kann. Bewertet werden die eindeutige Verständlichkeit des Artikels, die Qualität der Quellen und das Ausmaß der Verzerrung, die bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen immer berücksichtigt werden muss. Die Bewertung erfolgt durch eine Skala von 0 bis 10. Alle Einschätzungen werden akkumuliert und in einer Datenbank gemittelt, zusammen mit der Gesamtzahl der Personen, die wissenschaftliche Bewertungen abgegeben haben. Um Missbrauch zu vermeiden, muss man sich mit der ORCiD-ID „ausweisen“, um auf das authentiSci-Bewertungssystem zugreifen zu können. ORCiD-IDs werden in der Forschung häufig verwendet, um Publikationen und Patente zu belegen. Zudem werden sie regelmäßig in Förderanträgen genutzt.

Fake oder Wahrheit?

Der Fake-News-Detektor

Wie können wir die Wirkung von authentiSci maximieren? Wenn beispielsweise zehn Prozent der rund 32.000 Wissenschaftler aus dem Lindau Alumni Network authentiSci nutzen, um jeweils drei Online-Medienartikel zu bewerten, könnten wir uns schnell der 10.000-Marke von Artikelbewertungen nähern und der Öffentlichkeit ein breites Spektrum an Meinungen zur Verfügung stellen. Unser Tool ist für jede akademische Disziplin geeignet und ermöglicht, dass jeder akademische Experte auf jedem Gebiet Medienartikel auf Richtigkeit überprüfen und eine akkurate Kommunikation seiner Disziplin aufrechterhalten kann. Wir hoffen, dass die wissenschaftliche Community mit Bewusstsein für das Problem und Motivation unsere Plattform nutzt, um Fortschritte beim Schutz der Integrität von Wissenschaft und bei der Förderung von transparenter Wissenschaftskommunikation zu bewirken.

Langfristig könnte authentiSci eine gemeinsame Schnittstelle für User weltweit bilden. Vor uns liegt eine Zeit, in der die Wissenschaft und Wissenschaftsjournalismus zu ihrem gegenseitigen Nutzen und für die Gesellschaft enger zusammenarbeiten können. Außerdem zielt unser Projekt darauf ab, eine Plattform zu bieten, die die wissenschaftliche Gemeinschaft als Ganzes repräsentiert, um die Kluft zwischen Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit zu überbrücken.

Wir freuen uns auf „authentische“ Wissenschaftsnachrichten in einer faktenorientierten Ära der Online-Medien: Jetzt downloaden!

Mitglieder der Sciathon-Gruppe Clifton:

Steve Acquah, University of Massachusetts Amherst, USA; Ana Alonso-Serrano, Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), Deutschland; Nicholas Clifton, School of Medicine, Cardiff University, Großbritannien; Jesus Melgarejo, Katholieke Universiteit Leuven, Belgien; Stephanie Mouchbahani-Constance, McGill University, Kanada; Yusuke Naito, Nippon Boehringer-Ingelheim Co., Japan; Zaibaa Patel, King’s College London, Großbritannien; Shama Sograte-Idrissi, Georg-August-Universität Göttingen, Deutschland