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Veröffentlicht 31. März 2017 von

Mittagessen mit Steven Chu

Doktorandin Susanne Birkhold nahm an der 66. Lindauer Nobelpreisträgertagung teil. Lest hier, was sie am meisten beeindruckt hat:

In den fünf Tagen während der Lindauer Nobelpreisträgertagung ist die Altstadt von Lindau voller junger Wissenschaftler aus der ganzen Welt. Rund um die Uhr finden Veranstaltungen statt, um den Austausch zwischen Wissenschaftlern unterschiedlichster Kulturen, Disziplinen und Generationen zu fördern. Im Sommer 2016 war diese Tagung der Physik gewidmet und ich hatte die einmalige Gelegenheit, daran teilzunehmen.

Im Zuge meiner Doktorarbeit im Fachbereich Physik der Universität Konstanz untersuche ich alternative Halbleiter für die Anwendung in der Photovoltaik. Die Herstellung dieser Halbleiter aus flüssigen Lösungen bietet die Möglichkeit, Produktionskosten von Solarzellen deutlich zu reduzieren sowie neue Anwendungsbereiche zu erschließen, etwa durch flexible Solarmodule. Da ich mich während meiner Promotion täglich mit einem sehr speziellen Thema beschäftige, war die Lindauer Nobelpreisträgertagung eine spannende Gelegenheit mit den besten Wissenschaftlern verschiedenster Forschungsgebiete in Kontakt zu kommen und von den neusten Errungenschaften in der Physik aus erster Hand zu erfahren. Dabei standen spezielle Themen, wie die erst kürzlich gemessenen Gravitationswellen, das Potential von Quantencomputern sowie aktuelle Erkenntnisse über das Standardmodell der Elementarteilchen im Fokus. Hierüber wurde während einer Live-Übertragung von Wissenschaftlern, die am Teilchenbeschleuniger in CERN arbeiten, berichtet.

Das tägliche Programm startete mit Science Breakfasts, gefolgt von Vorträgen der einzelnen Nobelpreisträger, kleineren Workshops und Fragerunden sowie unterschiedlichen Abendveranstaltungen, um den kulturellen Austausch zu fördern. Neben vielen physikalischen Themen gab es auch interessante fachfremde Vorträge, wie zum Beispiel von Vinton Cerf über die „Erfindung“ des Internets oder von Roy Glauber, der als 18-Jähriger für das Manhattan-Projekt rekrutiert wurde und über seine Eindrücke während der Entwicklung der Atombombe berichtete.

 

Susanne Birkhold mit ACMTuring-Preisträger Vinton Cerf auf der 66. Lindauer Nobelpreisträgertagung. Bild: Susanne Birkhold.
Susanne Birkhold mit ACM Turing-Preisträger Vinton Cerf auf der 66. Lindauer Nobelpreisträgertagung. Bild: Susanne Birkhold.

Doch auch die Nachwuchswissenschaftler hatten die Chance, über ihre Forschung zu berichten. Im Rahmen meines Vortrags in der Master Class zum Thema Klimawandel konnte ich mich zum einen intensiv mit anderen vortragenden Wissenschaftlern über dringende Fragen des Klimawandels austauschen und zum anderen den Organisator der Master Class, Steven Chu, kennenlernen. Während eines Mittagessens mit Steven Chu, der 1997 seinen Nobelpreis für das Kühlen und Einfangen von Atomen mit Laserlicht erhielt und im Kabinett von US-Präsidenten Barack Obama das Amt des Energieministers bekleidete, unterhielten wir uns über die langfristigen Folgen des Klimawandels, die internationale Klimapolitik und die Frage, warum unsere Gesellschaft die Gefahren des Klimawandels nicht ernster nimmt. Die Einschätzungen und Meinungen von Steven Chu haben mich nachhaltig beeindruckt und mein Bewusstsein über die Folgen des Klimawandels gestärkt.

 

Susanne Birkhold traf auf der 66. Lindauer Tagung auch Nobelpreisträger Steven Chu. Bild: Susanne Birkhold.
Susanne Birkhold traf auf der 66. Lindauer Tagung auch Nobelpreisträger Steven Chu. Bild: Susanne Birkhold.

Diese persönlichen Begegnungen waren wohl die spannendsten Erfahrungen während meiner Teilnahme an der Lindauer Nobelpreisträgertagung. Durch den Austausch mit Wissenschaftlern aus allen Karrierestufen konnte ich viel über die Herausforderungen einer langfristigen Karriere in der Wissenschaft lernen und hilfreiche Ratschläge für erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit erhalten. Dank der einmaligen Internationalität der Tagung traf ich Nachwuchswissenschaftler aus den unterschiedlichsten Ländern, von Kuba bis Südafrika, und erhielt interessante Einblicke in ihre jeweiligen Länder und Kulturen. All diese Erlebnisse und Begegnungen haben mich überaus bereichert und mich für meine Forschung motiviert. Zukünftigen Teilnehmern empfehle ich daher nicht schüchtern zu sein und jede Möglichkeit für spannende Unterhaltungen oder für die Teilnahme an Workshops und Events wahrzunehmen, um möglichst viele eindrucksvolle Erfahrungen während der Lindauer Nobelpreisträgertagung zu sammeln.

 

So erlebte Nachwuchswissenschaftler Oliver Kliebisch die 66. Lindauer Nobelpreisträgertagung:

Als Doktorand im Fachbereich Physik der Universität Konstanz forsche ich auf dem Gebiet der Laserphysik und nichtlinearen Optik. Bei meinem Projekt entwickle und verwende ich ein Lasersystem, welches ultrakurze Laserimpulse mit Pulswiederholraten im Gigahertz-Bereich erzeugt. Mit diesen lassen sich die Eigenschaften von Festkörpern untersuchen, wobei ich mich mit speziell designten Halbleiter-Schichtsystemen beschäftige. Während meines Studiums habe ich bereits von den Nobelpreisträgertagungen erfahren und habe mich sehr gefreut, als meine Universität mich für die 66. Tagung vorgeschlagen hat und ich mich schließlich erfolgreich für die Teilnahme bewerben konnte.

Die Hauptveranstaltungen der 66. Lindauer Tagung fanden anders als in den Vorjahren im Stadttheater Lindau statt. Dort bekamen wir, die 400 „Young Scientists“, die besondere Gelegenheit rund 30 Nobelpreisträger verschiedener Disziplinen sowie den Turing-Preisträger Vinton Cerf zu treffen. In ihren Vorträgen stellten uns die Preisträger ihre nobelpreiswürdige Forschung vor, berichteten über aktuelle Fragestellungen und Erkenntnisse oder diskutierten diese in Podiumsdiskussionen. Darüber hinaus hatten wir die Gelegenheit, mit jeweils einem einzelnen Preisträger in kleinerer Runde zu sprechen. Aufgrund der Nähe zu meinem Forschungsthema habe ich mich besonders gefreut, mich direkt mit Theodor Hänsch austauschen zu können. Ein umfangreiches Rahmenprogramm rundete die Tagung ab. So besuchten wir unter anderem die Bregenzer Seebühne, erlebten den „Bayerischen Abend“ und ließen schließlich die Tagung bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Wissenschaftsdidaktik und anschließendem Picknick auf der Blumeninsel Mainau ausklingen.

Mit anderen Teilnehmern, die zum Großteil ebenfalls Doktoranden oder PostDocs waren, tauschte ich mich auch über Zukunftspläne aus, insbesondere darüber, ob man auf seinem weiteren Weg in der akademischen Forschung verbleibt oder in die Industrie wechselt.

Besonders beeindruckt hat mich das Gespräch mit Roy Glauber, der uns von seinen Erlebnissen als Mitarbeiter am Manhattan-Projekt berichtete. Er erzählte von seinen persönlichen Begegnungen mit prägenden Wissenschaftlern des 20. Jahrhunderts wie Richard Feynman, Albert Einstein, Wolfgang Pauli und Enrico Fermi. Solch ein persönlicher Einblick in die Wissenschaftsgeschichte und seine privaten Erlebnisse mit diesen bekannten Größen hat mich und viele andere junge Wissenschaftler äußerst fasziniert. Wer die Chance hat, an einer zukünftigen Nobelpreisträgertagung teilzunehmen, sollte gerade die Möglichkeiten nutzen, in den direkten Kontakt mit Preisträgern zu treten. Alle Preisträger waren sehr offen und haben bereitwillig viele spannende Erlebnisse aus ihren langjährigen Forschungserfahrungen mit uns geteilt.

 

Die Teilnahme von Susanne Birkhold und Oliver Kliebisch an der 66. Lindauer Tagung wurde von der Internationalen Bodensee-Hochschule (IBH) unterstützt.

Susanne Birkhold und Oliver Kliebisch, Lindau Alumni 2016, arbeiten beide an ihrer Doktorarbeit in Physik an der Universität Konstanz. Als Nachwuchswissenschaftler nahmen sie im Sommer 2016 an der 66. Lindauer Nobelpreisträgertagung teil.