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Veröffentlicht 2. Juli 2010

Die nächste knappe Ressource – das Ende des Heliums?

Der US-amerikanische Physik-Nobelpreisträger Robert Richardson hat sein Leben dem Helium gewidmet. Den Nobelpreis erhielt er für die Entdeckung des supraflüssigen Zustandes des Isotops Helium-3. Auf dem Lindauer Nobelpreisträgertreffen allerdings warnt er, dass das für die Kryotechnik unverzichtbare Element binnen weniger Jahrzehnte von der Erde verschwinden könnte. Ich habe mal nachgefragt, wie er darauf kommt.

Professor Richardson, wann haben Sie als erstes erkannt, dass Helium nicht nur ein Forschungsthema ist, sondern auch eine knappe Ressource?

Vor etwa 15 oder 20 Jahren, weil es nur eine begrenzte Menge Helium gibt. Tatsächlich gibt es zwei Quellen auf der Welt. Eine ist die Sonne, wo Helium zuerst entdeckt wurde. Der Fluss an Alphateilchen im Sonnenwind resultiert in einer Gleichgewichtskonzentration von etwa 5 ppm in der Atmosphäre, und wegen der niedrigen Konzentration ist es sehr schwer und teuer, dieses Helium zu gewinnen. Die andere und gleichzeitig die Hauptquelle für Helium ist Gestein. Granit enthält Uran und Radium, die Helium durch Alpha-Zerfall erzeugen. Im 19. Jahrhundert war der Alpha-Zerfall das wichtigste Indiz für ein hohes Alter der Erde, das 4,7 Milliarden Jahre beträgt. Das Gas hat sich über diese 4,7 Milliarden Jahre im Gestein angereichert. Das Problem ist, dass wir das Helium jetzt verschwenden.

Indem wir es benutzen?

Tatsächlich gibt es zwei Aspekte. Die reichhhaltigen Quellen in den USA enthalten bis zu zwei Prozent Helium im Erdgas, aber die USA haben vor fünf Jahren ihre strategischen Reserven auf den Markt geschmissen, so dass die Preise sinken und Verschwendung fördern. Der andere Punkt ist, dass der verbleibende Rest beim gegenwärtigen Verbrauch schon im Laufe dieses Jahrhunderts verschwunden sein wird..

Gibt es einen Ersatz?

Für ultrakalte Instrumente, die Helium mit einem Siedepunkt von vier Kelvin brauchen, gibt es keine Alternative. Supraleitende Magnete in Kernspintomographen oder auch die Hochfrequenzmagnete der Kernresonanzspektrometer in nahezu allen chemischen Instituten weltweit sind auf eine zuverlässige Quelle flüssigen Heliums angewiesen. Für andere Zwecke gibt es allerdings tatsächlich Ersatz. In den USA wird Helium zum Schweißen von Metallen verwendet, während man in den USA Argon nutzt, das ein Prozent der Atmosphäre ausmacht statt nur fünf ppm. Die US-Regierung allerdings hat den Helium-Preis auf einen lächerlich niedrigen Wert gelegt. Momentan ist es oft billiger, Helium zu benutzen als Argon, und das ist verrückt.

Sie sagen, Helium sollte teurer sein.

Genau. Es sollte als wertvolles Gut behandelt werden statt nur als irgendein Gas, von dem wir beliebig viel haben. Es gibt keinen chemischen Prozess zur Erzeugung von Helium.

Und Kernfusion, die auch Helium erzeugt? Wird die uns retten?

Vielleicht im nächten Jahrtausend. Eine funktionierende Fusion liegt mindestens fünfzig Jahre in der Zukunft. Da würde ich nicht drauf warten.

Gibt es Strategien zum Ressourcenmanagement?

Nein, Helium ist viel zu billig dafür. Die NASA zum Beispiel nutzt enorme Mengen Helium um Raketentriebwerke zu spülen, um die Leitungen von Sauerstoff und Wasserstoff zu befreien, und sie machen sich nicht die Mühe, das Gas zurückzugewinnen, weil es so billig ist. Wäre Helium etwa hundertfach teurer, würden sie es mit Planen auffangen.

Würden höhere Heliumpreise nicht zuerst einmal der Wissenschaft schaden?

Ja, das würden sie. Anderenfalls aber kann man diese Wissenschaft nur noch 25 Jahre lang betreiben. Die Zeit läuft bereits ab. Die Strategie die ich empfehle ist Helium als seltenes und wertvolles Gas zu behandeln und es so für immer nutzen zu können.

Herzlichen Dank für Ihre Zeit.