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Veröffentlicht 21. August 2017 von Mara Grunewald

Glücklicher denn je

Zufriedenheit ist ein spannendes Thema für Wissenschaftler und Politiker gleichermaßen. Die Messung von Lebenszufriedenheit bereichert die Diskussion darüber, was ein gutes Leben ausmacht.

Früher galt das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maßstab für Wohlstand und ein gutes Leben einer Volkswirtschaft. Das BIP wird jedoch zunehmend als nicht ausreichend kritisiert, erstens weil viele Faktoren, wie zum Beispiel der Wert von Arbeitsplätzen und guter Gesundheit, unterschätzt werden, und zweitens weil andere Faktoren, wie die Einkommensungleichheit, die Qualität von Bildung, der Umweltzustand, ehrenamtliches Engagement oder Hausarbeit, nicht miteingerechnet werden.

 

Menschen am Strand von St.Peter-Ording. Photo/Credit: Jan-Otto/iStock.com
Menschen am Strand von St.Peter-Ording. Photo/Credit: Jan-Otto/iStock.com

 

Messung von Zufriedenheit

Für eine sorgfältige Analyse der allgemeinen Lebenszufriedenheit eignen sich repräsentative Langzeitumfragen, die auch soziodemografische, ökonomische und persönliche Eigenschaften abfragen. Häufig wird dabei die Frage gestellt: Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig, alles in allem, mit Ihrem Leben? Bitte antworten Sie auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 0 ganz und gar unzufrieden und 10 ganz und gar zufrieden bedeutet.

Diese Skala wird von dem sozio-ökonomischen Panel (SOEP) und auch dem World Values Survey (WVS) so abgefragt. Die 11-stufige Skala wird oft auch in drei Kategorien transformiert: hohe Zufriedenheit (8, 9 oder 10 Punkte), mittlere Zufriedenheit (3-7 Punkte) und Unzufriedenheit (0,1 oder 2 Punkte). Diese Vereinfachung ergibt eine symmetrische Skala, die meine Kollegen und ich nutzen.

 

Wie zufrieden sind die Deutschen?

Die allgemeine Lebenszufriedenheit in Deutschland ist auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung im Jahr 1999. In der letzten repräsentativen Umfrage des SOEP aus dem Jahr 2015 gaben 55 Prozent der befragten Bürger in Deutschland eine hohe Lebenszufriedenheit an. Nur zwei Prozent gaben an, unzufrieden zu sein und die übrigen 43 Prozent gaben eine mittlere Zufriedenheit an. Im Durchschnitt lag die allgemeine Lebenszufriedenheit bei 7,28 von 10 Punkten im Jahr 2015. Zehn Jahre zuvor, im Jahr 2005, lag sie bei 6,84 Punkten und im Jahr 1995 bei 6,86 Punkten. Dieser positive Trend ist darauf zurückzuführen, dass deutlich weniger Befragte angaben, dass sie unzufrieden sind. Gleichzeitig bleibt aber der Anteil an den Deutschen, die sich als besonders zufrieden einschätzen, konstant. Diese positive Verschiebung ergibt eine geringere Varianz, also eine geringere Ungleichheit in der Verteilung der allgemeinen Lebenszufriedenheit.

 

Die Gründe: wirtschaftliche und soziale Verbesserungen

Zwischen 2005 und 2015 ist die allgemeine Lebenszufriedenheit um 6,4 Prozent gestiegen. Was hat zu diesem positiven Trend geführt? Die drei wichtigsten Faktoren für hohe Zufriedenheit sind Erwerbstätigkeit, Gesundheit und soziale Kontakte. Und tatsächlich kam es auf allen drei Ebenen in den letzten Jahrzehnten zu Verbesserungen: Die Arbeitslosenrate ist auf einem Rekord-Tiefstand seit der Wiedervereinigung – 2,5 Millionen Menschen sind derzeit in Deutschland auf der Suche nach Arbeit. Im Jahr 2005 waren es mit fünf Millionen Arbeitslosen noch doppelt so viele. Außerdem ist die Lebenserwartung gestiegen – auch bei Geringverdienern. Durch die Digitalisierung werden soziale Interaktionen vereinfacht. Außerdem ist die Scheidungsrate ist gesunken.

 

Korrelationen – keine Kausalität

Bei der Erforschung von Lebenszufriedenheit ist es wichtig, zu verstehen, dass es sich größtenteils um Korrelationen handelt und nicht um kausale Ergebnisse. Zum Beispiel ist es nicht möglich, herauszufinden, ob eine Heirat die Eheleute tatsächlich glücklicher macht.

Es gibt zwei alternative Erklärungen dafür, warum verheiratete Menschen zufriedener zu sein scheinen: Glücklichere Menschen finden eher einen Ehepartner oder die Ehe an sich verbessert die Lebenszufriedenheit. Es ist jedoch schwierig, Beweise zu finden, die eine der Erklärungen ausschließen.

Mara Grunewald

Mara Grunewald studied economics at the University of Bonn and received her Ph.D. in economics with a focus on behavioural and experimental economics from the Bonn Graduate School of Economics. Since 2013 she has been working at the behavioural economics unit of the Cologne Institute for Economic Research, using behavioural economics to analyse life satisfaction, consumer behaviour, governance and company behaviour.