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Veröffentlicht 22. Juni 2016 von Anna-Christina Eilers

12 Milliarden Jahre in die Vergangenheit – eine Zeitreise durch unser Universum

Seit vielen Jahrtausenden bestaunen Menschen nachts den Sternenhimmel und fragen sich, wie unser Universum wohl entstanden sein mag. Wie haben sich die vielen Sterne und Galaxien gebildet, die wir heute am Nachthimmel sehen oder mit Teleskopen beobachten können? Aus welchen Bestandteilen ist unser Universum aufgebaut und welche Kräfte treiben es an? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich die Kosmologie – die Lehre des Ursprungs, der Entwicklung und der Struktur unseres Universums.

Heutzutage nähern wir uns der Frage nach der Entstehungsgeschichte unseres Universums mit Beobachtungen an den größten Teleskopen der Welt, dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) beispielsweise, das in der Atacamawüste in Chile steht, oder den beiden Keck Teleskopen, die auf dem Vulkan Mauna Kea in Hawaii zu finden sind. Meine Arbeitsgruppe am Max-Planck Institut für Astronomie in Heidelberg und einige weitere beobachten damit sogenannte Quasare.

 

Der Vulkan Mauna Kea in Hawaii. Rechts: die beiden keck teleskope, links das Subaru Teleskop. Foto: Anna-Christina Eilers.
Der Vulkan Mauna Kea in Hawaii. Rechts: die beiden Keck teleskope, links das Subaru Teleskop. Foto: Anna-Christina Eilers.

Quasare sind die leuchtkräftigsten Objekte, die wir in unserem Universum finden können, und damit auch diejenigen Objekte, die man aufgrund ihrer Leuchtkraft über unvorstellbar große Entfernungen hinweg noch beobachten kann. Diese Quasare sind Galaxien, in deren Zentrum sich ein sehr massives und aktives schwarzes Loch befindet. Dieser aktive Galaxienkern zieht Staub und Gas aus seiner Umgebung an und stößt es in riesigen Jets rechtwinklig zur Galaxienebene wieder aus. Dabei wird sehr viel Strahlung freigesetzt, die dafür sorgt, dass diese Quasare so besonders hell leuchten.

Das Licht der weit entferntesten Quasare, die wir heutzutage kennen, braucht mehr als 12 Milliarden Jahre bis es auf der Erde ankommt und wir es hier messen können. Wir können dadurch Einblicke erhalten, wie es in unserem Universum ausgesehen hat, als es noch ganz „jung“ war und gerade einmal etwas mehr als eine Milliarde Jahre alt war. Zu diesem Zeitpunkt, so vermuten Kosmologen, sind die ersten Sterne und Galaxien entstanden, deren Licht dem dunklen Zeitalter unseres Universums ein Ende gesetzt hat.

Die Spektren dieser Quasare, die wir aus dieser Zeit beobachten können, geben uns Aufschluss über eine wichtige Entwicklungsphase unseres Universums, der sogenannten Reionisationsepoche. In dieser Zeit wurde das gesamte Gas in unserem Universum einer Transformation unterzogen. Der größte Teil des kosmischen Gases befindet sich in den Leerräumen zwischen den Galaxien, in den sogenannten Voids. Daher wird es auch das intergalaktische Medium genannt. Es besteht hauptsächlich aus Wasserstoff und Helium. Seit der Rekombinationsepoche ein paar hunderttausend Jahre nach dem Urknall, in der die kosmische Hintergrundstrahlung entstanden ist, war dieses Gas neutral geladen. Doch die Strahlung der ersten Sterne und Galaxien sorgt nun dafür, dass das intergalaktische Medium reionisiert wird. Das bedeutet, dass Elektronen aus den zunächst noch neutral geladenen Atomen durch die eintreffende Strahlung gelöst werden und positiv geladene Atomkerne zurückbleiben.

 

Die Galaxie Centaurus A. Bild:  	X-ray: NASA/CXC/CfA/R.Kraft et al.; Submillimeter: MPIfR/ESO/APEX/A.Weiss et al.; Optical: ESO/WFI
Die Galaxie Centaurus A. Bild: X-ray: NASA/CXC/CfA/R.Kraft et al.; Submillimeter: MPIfR/ESO/APEX/A.Weiss et al.; Optical: ESO/WFI

Die Absorptionslinien in den Spektren der Quasare zeigen uns, wie viel neutraler Wasserstoff sich im intergalaktischen Medium befunden hat, als das Licht ausgestrahlt wurde und wie sich das Verhältnis von neutralem zu ionisiertem Gas mit der Zeit verändert hat. Dank der Rotverschiebung des Lichtes auf seiner Reise zur Erde aufgrund der Expansion unseres Universums, sind die Absorptionslinien des Wasserstoffes zwar immer an der selben Wellenlänge, aber nicht an derselben Stelle im Spektrum zu finden, sodass wir ein dichtes Muster an Absorptionslinien beobachten können, den sogenannten Lyman-alpha Wald. Je mehr Licht absorbiert wurde, desto höher war der Anteil an neutralem Wasserstoff zu diesem Zeitpunkt im Universum. Bei den sehr weit entfernten Quasaren ist nahezu deren gesamtes Licht absorbiert worden aufgrund des hohen Anteils an neutralem Wasserstoff im intergalaktischen Medium. Bei Quasaren, die sich etwas näher an der Erde befinden und deren Licht erst nach der Reionisationsepoche ausgestrahlt wurde, können wir mehr Licht messen, da nur sehr wenig neutrales Gas vorhanden war, das das Licht absorbieren konnte.

In meiner Doktorarbeit versuche ich zu verstehen, wie genau sich diese Reionisationsepoche abgespielt hat. Welche astronomischen Objekte haben ausreichend Strahlung ausgesandt, um das gesamte Gas im Universum zu reionisieren? War dies ein gleichmäßiger oder ein inhomogener Prozess? Und wie lange hat das Ganze gedauert?

Es ist sehr wichtig, diese Entwicklungsphase unseres Universums genauer zu verstehen, um die Entstehung der vielen Sterne und Galaxien, die wir an unserem Nachthimmel beobachten, erklären zu können.

 

Zum Weiterlesen:

  1. Reionization and high-redshift galaxies: the view from quasar absorption lines, Publications of the Astronomical Society of Australia (PASA), Volume 32, 2015.
  2. The Evolution of the Intergalactic Medium, Annual Revue in Astronomy & Astrophysics, 2015.
  3. Der Schatten des kosmischen Netzes, Sterne und Weltraum, Okt. 2014

Anna-Christina Eilers

I am a PhD student at the Max Planck Institute for Astronomy in Heidelberg, Germany, in the ENIGMA-Group of Joe Hennawi. The research of the group focusses on analyzing the Lyman-alpha absorption lines in spectra of distant quasars and galaxies to study the properties of the intergalactic medium and the associated large-scale structure of the universe. I am a member of the International Max-Planck Research School (IMPRS) for Astronomy at the University of Heidelberg. I am also working as an Outreach Fellow at the "Haus der Astronomie" - Center for Astronomy Education and Outreach (HdA).