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Veröffentlicht 19. Juni 2011

Das Kapital

Mehr als anderthalb Millionen Euro kostet es jedes Jahr, Nobelpreisträger und Nachwuchsforscher (und Blogger!) in Lindau zu empfangen, zu bewirten und allen Beteiligten eine unvergessliche Woche zu bereiten. Anders als bei anderen Großkonferenzen steht hinter dem Nobelpreisträgertreffen keine finanzstarke und gut vernetzte Fachgesellschaft oder gar ein Wirtschaftsverband – das nötige Geld immer wieder aufs neue aufzutreiben obliegt allein dem Kuratorium und der angeschlossenen Stiftung, die inzwischen von mehr als 240 Nobelpreisträgern unterstützt wird.

Der Gesamtbetrag setzt sich aus verschiedenen Posten zusammen. Zuerst einmal sind da die Teilnahmegebühren, zu entrichten von den Nachwuchsforschern. 2500 Euro pro Forschernase sind das, die ein Teilnehmer oder seine Organisation berappen muss. Allerdings nur theoretisch. In der Praxis gewinnt die Stiftung Förderer, die einen Großteil dieser Gebühren übernehmen, so dass kein Teilnehmer den vollen Betrag aufbringen muss.

 

Damit ist ein beträchtlicher Teil der Kosten abgedeckt – die verbleibende Lücke füllen Bund und Länder inzwischen mit einiger Begeisterung angesichts des doch beträchtlichen Renommees der Veranstaltung, und verschiedene Stiftungen übernehmen den Rest. Das Geld fließt überwiegend in Anreise, Unterkunft und Verpflegung der Tagungsteilnehmer, aber auch in die Gehälter der zehn Mitarbeiter der Geschäftsstelle, die für Organisation und Ablauf der Tagung selbst verantwortlich zeichnen. Neben der Veranstaltung selbst organisiert die Geschäftsstelle weitere, teils ganzjährig laufende Projekte wie Projekte wie die Ausstellung „Entdeckungen: Gesundheit auf der Blumeninsel“ auf der Insel Mainau, die digitale Mediathek mit aufgezeichneten Vorträgen dutzender Nobelpreisträger und die letztes Jahr gestartete „Lindauer Lehrerinitiative“.

Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind allerdings auch die einzigen, die bezahlt werden – das Bemerkenswerte ist, dass keiner der Nobelpreisträger über Kost und Logis hinaus irgendeine Aufwandsentschädigung erhält – und das Programm der teilweise doch schon etwas älteren Herrschaften ist vollgepackt mit Vorträgen, Fragerunden mit Nachwuchsforschern, Podiumsdiskussionen und Interviews. Angesichts der Honorare, die selbst halbprominente Ex-, Noch- und Scherz-Politiker für eine Stunde Vortrag bekommen, kann man dieses ehrenamtliche Engagement gar nicht genug würdigen.

Im Grunde kann man Zeit und Engagement der Laureaten unter den Sachspenden subsumieren, die für die Tagung ebenfalls eine große Rolle spielen. Der Limousinenservice für die Nobelpreisträger wird ebenso von Sponsoren gestellt wie das Soundsystem in der Halle oder die Getränke. Auch die Halle können die Organisatoren zu einem reduzierten Satz mieten. Den Organisatoren kommt dabei zugute, dass das Nobelpreisträgertagung längst zum Veranstaltungskanon der Region gehört, so dass von den Taxifahrern bis zu den Hoteliers alle wissen, was die Stunde geschlagen hat. Viele Partner arbeiten mit den Organisatoren seit Jahren regelmäßig zusammen.

All das klingt perfekt durchorganisiert, tatsächlich allerdings musste das altehrwürdige Treffen den größten Teil seiner Geschichte mit großer finanzieller Unsicherheit umgehen. Die eigens gegründete Foundation Lindau Nobelprizewinners Meetings at Lake Constance zum Beispiel, deren Stiftungskapital in Zukunft die Basis der Finanzierung stellen soll, gibt es erst seit dem Jahr 2000. Rückblickend ist es ein kleines Wunder, dass die Veranstaltung in inzwischen sechs Jahrzehnten nie abwanderte oder in einer finanziellen Katastrophe endete – der Dank dafür gebührt auch den Sponsoren und Unterstützern, die sich in all den Jahren als ausgesprochen verlässlich erwiesen haben und es immer noch sind.

Bild: Elger van der Wel, CC-BY-NC-SA